Pride in ukrainischer Hauptstadt Kyjiw: Im Gleichschritt für LGBTQ*

Bei einer Pride am Sonntag in Kjyw laufen auch Sol­da­t*in­nen mit. Ein Slogan lautet: Menschenrechte müssen immer gelten, auch in Zeiten des Krieges.

Soldaten und Soldateinnen demonstrieren gemeinsam mit menschen, die Regenbogenfahnen tragen

Kyjiw, 16. Juni: Auch ukrainische Sol­da­t*in­nen nehmen an der Pride teil Foto: Gleb Garanich/reuters

BERLIN taz | „Menschenrechte müssen immer gelten“ – unter diesem Slogan marschierten am Sonntag etwa 500 Teil­neh­me­r*in­nen durch das Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Initiiert hatte die Aktion die Nichtregierungsorganisation „Kyiv Pride“.

Die De­mons­tran­t*in­nen sprachen sich für die Gleichberechtigung aller ukrainischen Bür­ge­r*in­nen unabhängig von ihrer sexuellen Identität aus. Außerdem appellierten sie an die politisch Verantwortlichen, Gesetze zu verabschieden, die es gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglichen, offiziell eine Lebenspartnerschaft einzugehen.

Die Teil­neh­me­r*in­nen des Marsches forderten die internationale Gemeinschaft zudem auf, der Ukraine mehr Luftabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen und sich aktiver für die Freilassung von durch russische Truppen gefangen genommenen Ukrai­ne­r*in­nen einzusetzen – darunter auch Ver­tei­di­ge­r*in­nen des metallurgischen Kombinats Asowstal in der nunmehr russisch besetzten Stadt Mariupol, die immer noch in Russland festgehalten werden.

Unter den Teil­neh­me­r*in­nen des Marsches waren nicht nur Ver­tre­te­r*in­nen der LGBTQ+ Community und Aktivist*innen, sondern auch Re­prä­sen­tan­t*in­nen diplomatischer Vertretungen und internationaler Organisationen, ausländische Po­li­ti­ke­r*in­nen und internationale Beobachter*innen.

Sol­da­t*in­nen marschieren mit

Auch ukrainische Sol­da­t*in­nen nahm am Marsch teil – Ver­tre­te­r*in­nen der LGBTQ+ Community, die auch aktiv an der Verteidigung der Ukraine gegen die russischen Truppen an der Frontlinie beteiligt sind. An der Spitze ihrer Kolonne trugen die Teil­neh­me­r*in­nen in Uniform ein Transparent mit Fotos von mehreren Dutzend an der Front gefallenen Militärangehörigen der LGBTQ+-Community.

„Der Pride-March ist eine Gelegenheit, die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft auf den Krieg in der Ukraine zu lenken. Wir brauchen juristische Unterstützung. Wir kämpfen wie alle anderen, aber wir wissen nicht, was mit unseren Angehörigen passiert. Wenn ihnen etwas zustößt, wenn sie ins Krankenhaus eingeliefert oder gefangen genommen werden, können wir sie nicht besuchen oder auf eine Vermisstenliste setzen lassen. Wir sind lebende Menschen, die auch jetzt ihre ganz eigenen Probleme haben. In jeder Gesellschaft sind bis zu zehn Prozent der Menschen LGBTQ+. So ist es auch in der Armee“, sagte Dmytro, ein Teilnehmer der Aktion und Kriegsveteran, gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Online-Portal Suspilne Media.

Obwohl der Pride-Marsch in der Ukraine in den vergangenen Jahren vor der russischen Invasion zu einer traditionellen Massenveranstaltung geworden war, stieß er im Kontext des umfassenden Krieges bei verschiedenen Teilen der Bevölkerung auf Widerstand und Kritik. Ein Argument der Kri­ti­ke­r:in­nen war das gesetzliche Verbot von Massenveranstaltungen während des Kriegsrechts und die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für die Polizei, um die Sicherheit des Marsches zu gewährleisten.

Während der Kundgebung hatte die Polizei alle Hände voll zu tun. Mehrere Dutzend aggressive Jugendliche organisierten parallel eine alternative Kundgebung, auf der sie für den Erhalt „traditioneller Familienwerte“ demonstrierten. Die Teil­neh­me­r*in­nen dieser Kundgebung versuchten, die Pride zu behindern, aber nach Angaben der Polizei sei die Kundgebung ohne Provokationen beendet worden.

Der Pride-Marsch in Kyjiw dauerte etwa 20 Minuten und die Kolonne konnte etwa 100 Meter weit marschieren. Die Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen erklärten dies mit der Sorge um die Sicherheit der Teil­neh­me­r*in­nen und äußerten die Hoffnung, im nächsten Jahr einen größeren und sichereren Marsch veranstalten zu können. Denn: „Menschenrechte müssen immer gelten.“

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