Presseschau: „Bremen-Pilger“
■ Berliner WELT-Feuilleton lobt Bremer Musical-Produktion
Musical-Krisen gibt es nicht nur an der Weser. Auch an der Spree macht man sich Gedanken zur Zukunft und Finanzierbarkeit dieser Unterhaltungsform.
In diesem Zusammenhang empfahl das Feuilleton der Welt die Pilgerreise nach Bremen – zur Musical-Produktion des Bremer Theaters: „Wer Berliner Musical-Sorgen vergessen will, dem bleibt zur Stunde ein Weg: Er muss sich von den Gestaden der Spree an die Ufer der Weser verfügen“, so begann zur Jahreswende eine längere Betrachtung des Berliner Musical-Dilemmas.
„Im fernen Bremen hat der ehemalige Intendant des Theaters des Westens, Helmut Baumann, sein Exil-Vergnügungslager bezogen. Nach einem unter dem Gejauchze hanseatischen Publikums wiedereröffneten Käfig voller Narren folgte jetzt Cabaret: Nicht einfach eine Ballade über die halb glückliche KitKat-Sängerin Sally Bowles (fabelhaft: Ruth Brauer). Sondern die extensiv auserzählte Alltagsgeschichte des frisch-unfröhlich um sich beißenden Antisemitismus.“ Und so weiter – zu finden unter „www.welt.de“. Das Lob endet mit den Worten: „Ein Theaterwunder, jede Reise wert!“ Kein Wort über das private Musical Bremer Hair in der Berliner Ausgabe der Welt.
Dass ausgerechnet der in Berlin weggesparte Helmut Baumann die Regie beim Bremer „Cabaret“ führte, ist für das Berliner Feuilleton Anlass zu allgemeineren Betrachtungen über „das Privatisierungsdilemma heutiger Musical-Produktion“. Die Welt sieht „finanzielle Kurzatmigkeit und mangelnde Professionalität“. Mit der Privatisierung dieser Theaterform gehe „politisch unverschämtes, Unterhaltung als nötigen Leichtsinn ausspielendes Musiktheater“ endgültig verloren, heißt es im Welt-Feuilleton.
Die (privaten)Berliner Musicals böten dagegen „abwaschbare Disney-Ästhetik“. Da könne nicht mehr „innovativ gedacht und inszeniert“ werden. Dass gute Inszenierungen beim Publikum ankommen, beweist der Vorverkauf von Cabaret: Während „Hair“ große Probleme hat und von einer Auslastung von 16 Prozent für den Monat Januar die Rede ist, kennt Cabaret keine Saure-Gurken-Zeit im Januar, es ist zu 100 Prozent ausverkauft bis zum 2. März ... K.W.
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