Pressefreiheit in El Salvador: Überwacht und bedroht

Das Investigativmedium „El Faro“ verlegt den Sitz von El Salvador nach Costa Rica. Es wurden unter anderem Telefone von Re­dak­teu­r:in­nen überwacht.

Menschenmasse während einer Demonstration

Proteste in San Salvador: „El Faro“ berichtet Foto: C. Freedman/ZUMA Wire/imago

Am 13. April gab El Faro via Twitter bekannt, dass es seinen Sitz von San Salvador ins costa-ricanische San José verlegt hat. „Wir verlassen El Salvador, um zumindest partiell bleiben zu können“, erklärt Sergio Arauz, Vize­redaktionsleiter des renomierten Onlinemediums, gegenüber der taz. Das ergibt Sinn, denn mehrfach hatte El Salvadors Präsident Nayib Bukele den Vorwurf der Geldwäsche gegen das unliebsame Medium ins Feld geführt. Beweise, Indizien – Fehlanzeige.

El Faro ist in den letzten 25 Jahren von einer engagierten Meinungspostille zum international prämierten Investigativmedium gewachsen. Auf die Angriffe durch Bukele musste das Portal schnell reagieren. Zu besorgniseregend ist der Fall von elPeriódico aus dem benachbarten Guatemala, wo der Gründer und Redaktionsleiter José Ramón Zamora wegen des Verdachts der Geldwäsche im Gefängnis sitzt und das Blatt deswegen einzu­gehen droht.

Das will die El Faro-Redaktion verhindern und hat die Fundación Periódico, die Stiftung Zeitung, ins Leben gerufen und in San José angemeldet. Die Redaktion mit ihren mehr als dreißig Re­dak­teu­r:in­nen und etlichen freien Mit­ar­bei­te­r:in­nen bleibt aber in der Haupstadt San Salvador. Sie werden weiterhin von dort aus kritisch berichten und vor allem dem Mann auf die Finger schauen, der alle Register zieht, um kritischen Journalismus in El Salvador zur Strecke zu bringen: Nayib Bukele. Seit seiner Vereidigung am 1. Juni 2019 ist er nicht nur verbal gegen unliebsame Journalisten von El Faro, dem kritischen Nachrichtenportal Factum oder der konservativen Tageszeitung El Diaro de Hoy vorgegangen. All diese Medien wurden und werden auch von Pressekonferenzen ausgeladen, erhalten keine Interviews mehr und werden vom Präsidenten persönlich diffamiert.

Gewalt gegen Jour­na­lis­t:in­nen nimmt zu

„Die permanente Konfrontation ist Teil des Regierungsstils des Präsidenten. Kritische Stimmen sind nicht gefragt. Hier gibt es nur: ‚mit uns oder gegen uns‘“, fasst Daniel Valencia die Situation zusammen. Valencia ist Redakteur und Gründer des Schwarzen Salons innerhalb der El-Faro-Redaktion, der sich auf organisierte Kriminalität spezialisiert hat. Nebenbei ist er Dozent an der Stiftung Gabo. Die vom Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez gegründete Stiftung ist die regional wichtigste Ini­tiative für die Aus- und Weiterbildung von Jour­na­lis­t:in­nen in Lateinamerika. Sie hat die El-Faro-Redaktion mehrfach prämiert. Und nicht nur sie.

El Faro wurde ursprünglich als ambitioniertes No-Budget-Projekt gegründet, zeichnet sich heute aber durch unbequeme Investigativrecherchen aus. Vor allem, weil es dank internationaler Unterstützung von der Open-Society-, der Heinrich-Böll- oder der Free-Press-Unlimited-Stiftung finanziell unabhängig ist. Das verhindet allerdings nicht die Angriffe auf die Redaktion und die Strukturen dahinter. Dabei wird laut des stellvertretenden Chefredakteurs Sergio Arauz sogar die Spionage-Software Pegasus eingesetzt, die auf mindestens zwölf Mobiltelefonen von Personen aus der El Faro-Redaktion gefunden wurde. Arauz berichtet auch von handgreiflichen Attacken auf Jour­na­lis­t:in­nen.

Die gab es zuletzt immer öfter, wie der Journalist:innen-Verband APES im Dezember 2022 öffentlich machte. Laut einem Bericht des Verbands sei ein kritischer Punkt erreicht: 125 Übergriffe habe man registriert, 11 Kol­le­g:in­­nen seien ins Ausland geflohen, mindestens 2 davon nach Drohungen staatlicher Institutionen. 34 Redakteur:innen, nahezu die gesamte Redaktion, habe durch ein Urteil des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs nun Anspruch auf Schutzmaßnahmen durch El Salvadors Sicherheitsbehörden. Vize-Redaktionsleiter Arauz wünscht sich ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen mehr Unterstützung. Denn da sei kritische Presse doppelt wichtig.

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