: Preßburg und die Slowakei
■ Kaum ist die Weltzeituhr wieder in Betrieb, gibt es Streit. Der slowakische Konsul protestiert gegen die Umbenennung von Bratislava in Preßburg. Bauverwaltung: Übliche Bezeichnung
Als „Beitrag zur guten deutsch- slowakischen Nachbarschaft“ bezeichnete Bundesfamilienministerin Claudia Nolte noch im Mai die Unterzeichnung des „gemeinsamen Kulturabkommens zwischen der Bundesrepublik und der Slowakischen Republik.
In Berlin ist die gute Nachbarschaft seit vergangenen Freitag freilich gestört. Der Grund: Weil die slowakische Hauptstadt auf der für 350.000 Mark restaurierten Weltzeituhr am Alexanderplatz nicht mehr Bratislava, sondern Preßburg heißt, hat der Konsul der Slowakischen Republik, Alexander Melsitov, protestiert.
„Diese Bezeichnung ist nicht in Ordnung“, sagte Melsitov der Berliner Zeitung. Der offizielle Name der slowakischen Hauptstadt sei nicht Preßburg, sondern Bratislava. Nun will der Konsul, der sich darüber beschwert, daß sein Konsulat in dieser Angelegenheit nicht um Rat gefragt wurde, das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten in Bratislava über den Vorfall informieren.
Während sich Mittes Baustadträtin Karin Baumert „entsetzt“ über die verbale Eindeutschung der slowakischen Hauptstadt zeigte, gab sich der zuständige Bausenator Jürgen Klemann (CDU), der erst in der vergangenen Woche den Potsdamer zum Potzdamer Platz gemacht hatte, diesmal ganz gelassen. Man habe sich für die in Deutschland üblichste Bezeichnung entschieden, erklärte Klemann-Sprecherin Kerstin Appelshäuser. Die Schreibweisen der zum 20. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1969 eingeweihten Weltzeituhr, die sich nach zehn Wochen Verschönerungskur nun wieder auf dem Alexanderplatz dreht, seien außerdem mit dem Sprachendienst des Auswärtigen Amtes und der Berliner Senatskanzlei abgestimmt. Außerdem, so hieß es aus der Bauverwaltung, trage die deutsche Botschaft in der Slowakei den Namen „Deutsche Botschaft Preßburg“. Noch Fragen?
„Nur wenn die Menschen miteinander reden, sich austauschen und einander begegnen, hat die deutsch-slowakische Zusammenarbeit eine gute und sichere Zukunft“, heißt es in der „gemeinsamen Erklärung“ von Claudia Nolte und ihrer slowakischen Kollegin Eva Slavkovska vom Mai. Vorbildhaft in Sachen slowakischer Hauptstadtkunde ist freilich auch die Familienministerin nicht. Auch in der Pressererklärung Claudia Noltes („Die Völker in West-, Ost- und Mitteleuropa rücken immer näher zusammen“) ist nicht von Bratislava, sondern von Preßburg als dem Unterzeichnungsort der gemeinsamen Erklärung die Rede. Uwe Rada
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