■ Press-Schlag: „Saumäßig guat“
Da hatte der Hessische Rundfunk ein echtes Schnäppchen gemacht. Das sonntägliche Eishockey-Topspiel der Woche lief diesmal nämlich nicht auf dem Pay- TV-Kanal Premiere , sondern bei den ehemaligen „Rotfunkgenossen“ in der Mainmetropole. Nein, nicht etwa Köln gegen Düsseldorf, das interessiert in Hessen nur marginal. Die Paarung lautete: ESC „Löwen“ Frankfurt versus EV Landsberg. Die beiden Oberligameister kämpften um den Aufstieg in die 2. Bundesliga.
Der Boom-Club aus Frankfurt spielte in der vergangenen Saison regelmäßig vor mit 6.946 Zuschauern ausverkaufter Halle. Damit liegt er bundesweit auf Platz 2 hinter der Düsseldorfer EG! Zum Auswärtsspiel gegen den Südmeister gingen binnen weniger Tage über 4.000 Kartenbestellungen ein. Dabei faßt die Landsberger Halle nur 2.500 Zuschauer. Um die „Löweninvasion“ zu bewältigen, zog man in das Stadion des Erstligisten Kaufbeuren um. Fans in drei Sonderzügen, 14 Bussen und unzähligen Pkws verlegten am Freitag Frankfurt kurzfristig nach Bayern. Selbst Kaufbeurer Eishockeyveteranen waren baff: „Herrschaftszeiten! Was an Auftrieb!“ Schon zwei Stunden vor Spielbeginn war die Eishalle in ein Meer von Türkis und Pink getaucht. Den Einlauf der Matadoren begleiteten bengalisches Feuer, Wunderkerzen und Gesänge, die noch in der Altstadt zu hören waren.
Bis 1991 spielte die Eishockeyabteilung von Eintracht Frankfurt eine durchaus bemerkenswerte Rolle in der 1. Bundesliga, unter anderem mit dem 100-Tore-Sturm Lala-Jooris-Nicholas. Doch plötzlich meinte die Eintracht, sich nur noch die Fußballprofis leisten zu können und meldete die Eishockeyabteilung kurzerhand ab. Wenige Wochen später gründeten trotzige Eishockeyfreunde den neuen Verein. Was niemand erwartet hatte: Schon in der Regionalliga kamen regelmäßig 4.500 Zuschauer. „Sakra“, entfuhr es einem Kaufbeurer, als er den Oberliga-Etat der Löwen vernahm: 3,5 Millionen DM. Mehr steht auch dem zwei Klassen höheren ESV Kaufbeuren nicht zur Verfügung.
Die Mannschaft ist denn auch gespickt mit ehemaligen National- und Bundesligaspielern: Manfred Wolf, Tom Thornbury, Roger Nicholas, Mike Hannan, Andrej Jaufmann. Die Begeisterung in Frankfurt für dieses Team ist unglaublich. Das Rückspiel gegen Landsberg wollten 20.000 Leute sehen! Als die Fans die letzten Minuten des Spiels mit „standing ovations“ begleiteten, wurde Jiri Lala, Top-Skorer der Bundesliga und Co-Kommentator des Spiels, ganz warm ums Herz. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, bei den Löwen zu spielen, antwortete er ohne zu zögern: „Warum nicht, die Fans sind phantastisch“. Trainer Toni Forster, ein Füssener Bua, hat erstmal anderes im Kopf: „I fühl mi saumäßig guat.“
Ach ja, die Löwen stiegen mit 8:2 und 4:4 locker in die 2. Liga auf. Matthias Kittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen