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Press-SchlagSpot auf die Provinz

■ Mit Waldner will Ochsenhausen Tischtennis-Metropole werden

Es gibt nicht viele Attraktionen in Ochsenhausen, während das Jahr so seinen Lauf nimmt und die Zeit vergeht. Gut, an Fasnet ist der Teufel los und auch dann, wenn in Biberach der Schützenumzug auf dem Programm steht. Ansonsten erinnert die Gegend um Ulm und um Ulm herum eher an jene Landstriche, wo sich angeblich Fuchs und Hase eine gute Nacht wünschen. Idylle? Schwäbische Kleinstadt.

Nun gibt es in diesem Ochsenhausen aber einen Mann namens Rainer Ihle, der so gar nicht in das Klischee von der verträumten Landbevölkerung passen will. Ihle ist ehrgeiziger Geschäftsmann – und Manager der Tischtennis-Freunde (TTF) Ochsenhausen. Zwei Jahre ist es jetzt her, daß er forsch verkündet hatte: „In fünf Jahren wollen wir Deutscher Meister sein.“ Viele im Verein hatten nach diesen Worten dezent ein mitleidiges Lächeln verbergen müssen, zumal man just wegen Niveau-Mangels die höchste Spielklasse verlassen hatte.

Inzwischen ist man zurück und lacht keiner mehr bei den Tischtennis-Freunden über Ihle – und schon gar nicht die Bundesliga-Konkurrenz. Gerade hat man in Berlin Emporkömmling SuperDonics geschlagen, rangiert nun mit 13:11 Punkten und Perspektiven auf Rang 7. Grund zur Zufriedenheit? Rainer Ihle in diesen Tagen: „Wir wollen künftig einen Weg beschreiten, der uns in Deutschland und auch in Europa an die Spitze bringt.“ Wums!!!Der Mann kann auf den Putz hauen. Aber er schiebt die entsprechenden Argumente hinterher. Licht aus, Vorhang auf, Spot an – der Manager präsentiert einen neuen Spieler für die kommende Saison: Peter Franz aus Lübeck, die Nummer zwei hierzulande. Der zweite Nationalspieler im Team von Trainer Leo Amizic, nachdem Ihle bereits Anfang dieser Saison Richard Prause (die Nummer drei in Deutschland) in die schwäbische Kleinstadt gelotst hatte. Franz soll nicht der einzige Neuzugang bleiben. Auch die Ausländerposition steht längst zur Debatte. Selbst wenn sich der TTF-Manager noch ein wenig ziert: Es ist ein offenes Geheimnis, daß der Schwede Jan-Ove Waldner zukünftig den England-Chinesen Chen Xinhua ablösen soll.

Jan-Ove Waldner – den Namen muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Als „Mozart des Tischtennis“ hat ihn mal der Spiegel bezeichnet, und das sagt wohl mehr aus über den 27jährigen Olympiasieger und Ex-Weltmeister als die Auflistung seiner sämtlichen nationalen und internationalen Titel. Waldner ist ein Künstler dieser Sportart, und es gibt nicht wenige, die ihn als komplettesten Spieler der Welt einstufen. Waldner, das ist bekannt, geht dahin , wo man seine Fertigkeiten zu würdigen weiß. Auch nach Ochsenhausen. Und Ihle und seine Kollegen aus der Vorstandschaft glauben die Finanzierung dieses künftigen Starensembles (vierter im Bunde ist das 19jährige Talent Gerd Richter) gesichert. Der Etat wird von 850.000 Mark auf über 1,2 Millionen aufgestockt, wofür in erster Linie ein im nahen Biberach gelegenes Pharma-Unternehmen hauptsponsernd verantwortlich zeichnet. Ansonsten hat man Kleinsponsoren, „und auch die“, sagt Ihle, „zeigen sich künftig noch spendabler“. Es sieht tatsächlich so aus, als müsse man sich den prägnanten Namen Ochsenhausen dauerhaft merken. Neben dem vor Jahren gegründeten Tischtennis-Internat für Nachwuchsförderung soll bald ein internationales Trainingscamp aus dem Boden gestampft werden. Was für eines? Natürlich eines, sagt Rainer Ihle, „das es so in ganz Europa nicht gibt“. Spätestens dann wird es in dem 7.000-Einwohner-Städtchen ein Thema geben, das die Leute nicht nur zur Narrenzeit bewegt. Freddy Schissler

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