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Press-SchlagPausenloser Winter

■ Bundesliga bis auf weiteres geschlossen

Tja, das war's dann wohl mit der EM. Zumindest für das deutsche Team. Schließlich sind wir ja keine Dänen, die man direkt aus ihrem Urlaub bei McDonald's holen kann, einfach auf den Fußballplatz stellt, und schon werden sie Europameister. Wir brauchen unsere Vorbereitung. Und mit der ist es nun Essig. Während andere Titelaspiranten wie Italien, Spanien, England oder die Niederlande eisern Wind und Wetter trotzten und ihre Saison teilweise sogar an Weihnachten fortsetzten, schwitzten die deutschen Kicker in Brasilien, ließen sich in Andalusien naßregnen oder nahmen, wie die Münchner Bayern, Nachhilfe bei Trapattoni in Cagliari. Ansonsten vertrieben sie sich ihre Zeit bei Hallenturnieren, deren komplette Sinnlosigkeit man allein schon daran erkennt, daß 1860 München Masters-Sieger wurde. Das Ganze nannte sich dann Winterpause.

Als es diese noch nicht gab, wurde sie alljährlich vehement gefordert, seit sie eingeführt wurde, verlangt man folgerichtig regelmäßig ihre Abschaffung. Nicht jedoch in diesem Jahr. Der Winter war hierzulande gleichbleibend fußballfeindlich, im Januar wären die Kicker genauso hilflos wie an diesem Wochenende über die Plätze geschliddert und hätten auch damals eher an eine ermattete Tanja Szewczenko erinnert als an furchteinflößende Torjäger. Die simple Lösung einer Abschaffung der Winterpause trägt diesmal nicht, Innovationsfreude ist gefragt.

Den Sommer durchspielen und dafür im Winter richtig lange pausieren, lautet die Beckenbauer-Variante, die bei ihrer Umsetzung zielsicher eine schweißtreibende Diskussion über die Einführung der Sommerpause initiieren würde. Komplette Abschaffung der Winterpause ist die logische Alternative, eine Zwischenlösung bietet Otto Rehhagel, bei dem sich der alte Handwerker Bahn bricht. „Rasenheizung für alle“ lautet die Forderung des Bayern- Trainers. Ein plausibler Vorschlag, vorausgesetzt, es wird nicht – wie vor dem Bulgarien-Länderspiel in Berlin, vergessen, das gute Stück auch einzuschalten.

Zur Rettung dieser Saison kommt Rehhagels Anregung definitiv zu spät. Im offensichtlichen Glauben, daß nicht nur der Europäische Gerichtshof, sondern auch Petrus nach der Pfeife des DFB zu tanzen habe, wurde für Ausweichtermine praktisch kein Platz gelassen. Eine Besserung des Wetters ist vor Mitte Mai kaum zu erwarten, zwecks Rettung der EM bleibt also nur noch eine Lösung: Austragung der kompletten Rückrunde auf dem wohlbeheizten Rasen des Münchner Olympiastadions, jeweils samstags und sonntags von 10 bis 20 Uhr. Oder aber ein rigoroses Verbot von Spielausfällen – wenn nötig, durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. Matti

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