Preiserhöhungen: Gasrebellen siegen weiter
BGH erklärt einseitige Preisanpassungsklauseln für unwirksam. Vorerst bekommt trotzdem kein Kunde Geld zurück. Verbraucherzentralen wollen das einklagen.
Im Streit um Gaspreiserhöhungen haben sich die Verbraucher erneut durchgesetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab am Mittwoch knapp 60 BremerInnen Recht, die sich gegen für sie nicht nachvollziehbare Preisaufschläge des Versorgers SWB gewehrt hatten. Die Bremer Verbraucherzentrale, die die Sammelklage unterstützt hatte, will jetzt eine weitere Klage anstrengen. Mit ihr soll erreicht werden, dass alle Gaskunden, zu viel bezahltes Geld zurück bekommen.
Der BGH wies darauf hin, dass er nun zum wiederholten Male Preisanpassungsklauseln von Gasversorgern "wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden" für unwirksam erklärt habe. Öffentlich rechtfertigten die Versorger die Preiserhöhungen mit einer Koppelung des Gaspreises an den Ölpreis, der zeitweilig stark gestiegen ist. Verbraucherschützer vermuten, dass die Versorger Preissenkungen nicht in gleichem Umfang an ihre Kunden weitergeben wie Preiserhöhungen.
Im Fall der SWB monierte das Gericht, das die Preisanpassungsklauseln des Unternehmens ein solches Verhalten möglich machten. "Die verwendeten Formulierungen lassen zumindest eine Auslegung zu, nach der das Unternehmen zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, eine Preisanpassung nach unten vorzunehmen", urteilte der BGH. Mit den für unwirksam erklärten Klauseln hat SWB nach Angaben der Verbraucherzentrale zwischen 2004 und 2006 vier Preissteigerungen um insgesamt 38 Prozent durchgesetzt.
Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale ging es bei der Verhandlung vor dem BGH nicht mehr ernsthaft um die Frage, ob die Preisanpassungsklauseln unwirksam seien, sondern darum, wem SWB unrechtmäßig eingenommenes Geld zurückzahlen muss: nur denen, die den Rechnungen widersprochen haben, oder allen Kunden. Einem Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 25.000 Kilowattstunden müsste SWB 400 bis 500 Euro pro Jahr erstatten.
SWB sieht das anders. Der BGH habe nicht darüber geurteilt, ob die Gaspreise angemessen gewesen seien. SWB habe nichts anderes getan als das, was der BGH in mehreren Verfahren verlangt habe: steigende und sinkende Bezugskosten gleichermaßen an die Kunden weiterzugeben, sagt SWB-Vorstand Torsten Köhne. "Aus diesem Grund werden wir auf Rückzahlungsforderungen nicht eingehen."
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