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Predigt gegen die Initiative "Pro Reli"Verrat am christlichen Auftrag

Die Kirchen kämpfen in Berlin für ein Pflichtfach Religion statt Ethik an den Schulen. Dabei ist die ungerechte Schule als solche der Skandal. Eine Bergpredigt.

Nein, es geht um die Verpflichtung zur Religion. Bild: dpa

Jetzt also auch noch in der U-Bahn. Auf ihrem Schlussspurt zum Schulvolksbegehren "Pro Reli" haben die Berliner Kirchen verkündet, sie wollten in öffentlichen Verkehrsmitteln für den Religionsunterricht kämpfen. Noch sind nicht alle Unterschriften beisammen, die das Volksbegehren ermöglichen würden. Die Stimmung drehe sich, so verkünden die Prediger in der Messe. Und wollen nicht enden mit ihren Aufrufen. Sie vergällen damit dem reflektierten Kirchgänger nicht nur den Sonntagsgottesdienst.

Sie profanisieren zugleich die Idee der Kirche, indem sie ihre Unterschriftensammler im Wortsinn in den Untergrund schicken. Wie Bettler sollen sie in der Rushhour gestressten Pendlern eine Glaubensfrage unter die Nase halten. Und weil die nicht ausweichen können, bringen der evangelische Bischof und der katholische Kardinal alle Verkehrsteilnehmer in eine - pardon - bescheuerte Situation.

Man stelle sich vor: In Kreuzbergs U1 baggert einer der Pro-Reli-Drücker eine voll verschleierte Importbraut um ein Autogramm an. Die Anatolin soll also im rollenden Zug kapieren, dass es ihrem Islamunterricht nutzt, wenn sie dem Christen eine Unterschrift spendet. Bischof Wolfgang Huber und Georg Kardinal Sterzinsky legen ihren Pro-Reli-Kampf gern als konzertierte Aktion mit Buddhisten und Muslimen aus. In Wahrheit interpretieren sie das Musical "Linie 1" neu: Statt lustiges Kinderkabarett gibt es jetzt Kampf der Kulturen im ÖPNV.

Wir bitten Dich, lass sie ihren Huntington lesen!

Man fragt sich, gerade als Christ: Wofür kämpfen sie eigentlich? Meinen die Kirchenväter allen Ernstes, ihren Mitgliederschwund durch das Sinn- und Wortungetüm "Wahl- und Pflichtfach Religion" stoppen zu können? Glauben sie ihren eigenen Parolen? Die Argumente pro Religionsunterricht sind hergeholt, verschweigen vieles, spitzen ganz unchristlich zu. Sie sind, kurz gesagt, kein kleiner Verstoß gegen den Dekalog, in dem es heißt: Du sollst kein falsches Zeugnis geben. Du sollst nicht lügen.

Nachrichtlich gesprochen: In Berlin ist seit 2006 Ethik ab der siebten Klasse das für alle verpflichtende Glaubensfach. Religion wird selbstverständlich weiterhin angeboten - als Wahlfach. Dagegen mobilisieren nun die Kirchen. Sie wollen ein echtes Fach Religion - verpflichtend für ihre Schäflein, ein Wahl- und Pflichtfach eben.

Nun sind die religiösen Berliner Verhältnisse unübersichtlich. Berlin ist eine atheistische und zugleich multireligiöse Stadt. 60 Prozent (!) sind hier konfessionslos, 21 Prozent evangelisch, neun Prozent katholisch. Berlin ist obendrein die größte türkische Stadt außerhalb der Türkei, mit 76 Moscheen. Hier kann man nicht glaubwürdig gegen Ethik kämpfen. Daher haben die PR-Chefs der Kirchenväter die Plakate und Flyer mächtig zuspitzen müssen. Mal insinuieren sie, Reli werde aus den Schulen verbannt ("Wir glauben nicht, dass man auf Religion verzichten kann!") - was Kappes ist. Das Land Berlin bezahlt sogar weiter den Sold der Religionslehrer. Mal heißt es, die Kinder sollten die Wahl haben, was den Anschein erweckt, der böse Bürgermeister Klaus Wowereit unterdrücke die Christen, indem er sie in ein fremdgläubiges Fach zwinge. "Zwangsethik" nennen sie es.

Auch da schwingt Kulturkampf mit, und man fragt sich, ob die Hubers und Sterzinskys eigentlich einmal die einschlägigen antimuslimischen Hassseiten im Netz besichtigt haben. Sollten sie. Dann würde ihnen der Herr vielleicht ein Licht aufgehen lassen. Denn an genau jene Stereotype des antichristlichen Kreuzzuges im eigenen Land knüpft die Kirche an. Wissend oder unwissend, das spielt keine Rolle, die Wirkung macht's. Die Türken nicht vor Wien, sondern schon im Wedding, lautet die unchristliche Botschaft.

Wir bitten Dich, lass sie in sich gehen!

Was die Kirchen in Berlin gerade veranstalten, ist keine lässliche Sünde. Denn sie missbrauchen die Schule für rein organisatorische Zwecke. Die Kirche aber wird gebraucht. Um das viel größere Problem der Schule anzuprangern und beheben zu helfen - ihre große Ungerechtigkeit.

Und wir brauchen die Kirche, um der Gesellschaft nach dem 11. September 2001, dem 11. März 2004 (Madrid) und dem 7. Mai 2005 (London) die Angst zu nehmen. Es geht darum, nach den Anschlägen gegen den Westen auf die Muslime zuzugehen, sie einzubinden und in einen Dialog zu führen. Aber es ist falsch, öffentlich die Emotionen der Christen für eigennützige Zwecke zu benutzen.

Zu den großen Fragen unserer Zeit zählt, wie wir die Schulen wieder zu Orten der Zukunft und der Gerechtigkeit machen. Und wie wir den bedrohlich anschwellenden Krach der Religionskulturen vermeiden und zu einem Austausch kommen können. Beides verpasst die Kirche, ja sie erschwert es mit ihrem kleinherzigen Volksbegehren, dessen Ziel vor Ort kein normal Sterblicher versteht. Egal, ob dieses Plebiszit erfolgreich ist oder nicht, es wird Religionslehre in der Berliner Schule weiterhin geben. So oder so.

Es gehört zu den Grundsätzen, welche die Kirche ihren Mitgliedern einhämmert, den Nächsten zu lieben, gerecht zu sein und den Schwachen zu helfen. "Im Dienst am Nächsten, am Mitmenschen" zu sein, das zählt zur Kernbotschaft der abendländischen Religionen. Die Schule als solche verstößt in ihrer derzeitigen Gestalt eklatant gegen alle diese drei Prinzipien. Sie beschämt strukturell die Schüler, weil sie sie zu Hunderttausenden sitzen lässt und aussortiert. Sie liebt sie nicht, sie nimmt sie nicht als Personen an, sondern verzweckt sie, indem sie sie auf ihre Leistungen reduziert. Wer nicht mitkommt, muss gehen - und sei er ein großartiger Mensch.

Das schadet allen Schülern, besonders aber den Schwachen, die auf ein Leben ohne Beruf, ohne Teilhabe, ohne Zukunft getrimmt werden. Es gibt mittlerweile Bildungseinrichtungen, die sich Hartz-IV-Schulen titulieren, arme Schüler bekommen vielerorts kein Mittagessen. Die Schule also ist schreiend ungerecht. Sie spottet geradezu der christlichen Ursprungsgeschichte, dass noch das ärmste Kind in der Krippe der Messias sein könnte - aber wo ist die Kirche? Sammelt Unterschriften, auf dass Religionslehre ein neues Türschild bekomme.

Herrgott noch mal, lass Sie zur Besinnung kommen!

Zu jenen Gruppen, die in Scharen in die Container der Hoffnungslosigkeit gesperrt werden, die man Hauptschulen nennt, zu jenen Gruppen also zählen junge Berlino-Araber und Kreuzberger, Neuköllner und Weddinger Türken. Seit Jahrzehnten lassen wir sie verwahrlosen. Die Streetworker, die es seit einiger Zeit endlich wieder gibt, berichten von einer Brutalisierung und Remuslimisierung dieser Szene. Ein widersprüchlicher Prozess, den wir noch kaum durchschauen. Wir wissen aber: Er ist gefährlich. Denn neuerdings sind Messer im Spiel, in Bussen werden nicht Autogramme, sondern Opfer gejagt. Um dieser Entwicklung hinterherzukommen, braucht es drei Dinge: Chancen, Chancen, Chancen. Und Dialog.

Eines der wenigen Foren, in denen man ins Gespräch kommen könnte, wäre die Schule, genauer: eine gerechte Schule, die allen Schülern reelle Chancen bietet und die einen gemeinsamen, lebendigen Ethikunterricht über das gute Leben praktiziert.

Es ist ebenjene gerechte Schule, für die Kirche wenig unternimmt. Und genau der gemeinsame Ethikunterricht, gegen den sie ankämpft. Möge sie keinen Erfolg haben.

Wir bitten Dich, erhöre uns!

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24 Kommentare

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  • F
    Freigeist11

    Hallo,

    Religionen sind Märchenerzählung für Erwachsene.

     

    Wie kann man Schüler diese Märchenerzählun zumuten - es ist mentaler Kindsmissbrauch.

     

    Die einzige Alternative ist Ethikunterricht.

     

    Grüße

    Freigeist

  • J
    Jelena

    Ist die TAZ eigentlich in einen Art Hypnosezustand verfallen jetzt wo sie endlich wieder einen echten Kampf nämlich den Kulturkampf wittert?

     

    Wie kann es sein das in einem Artikel der TAZ eine in Anatolien geborene Frau als Zitat: voll verschleierte Importbraut bezeichnet wird. Haben euch alle guten Geister verlassen oder ist in diesem Fall jedes Mittel recht, wenn der Kampf so offensichtlich recht und gut ist? (etwas Recherche über die Geschichte der Frauenrechte hätte vielleicht geholfen, dass Frau nicht verunglimpft werden muss, auch wenn sie nicht deutsch und blond ist)

     

    Ist die TAZ endlich an den Futterkrippen der Macht nach langem Weg durch die Instanzen angekommen, dass sie zu einem Sprachrohr verkommt das satten 60% Mehrheiten beispringen muss und die Minderheiten mit verordneter Staatsethik beglücken möchte?

    (etwas Recherche über die Geschichte von verordneten Staatsethiken hätte manches erhellen können)

     

    Gab es einen Grund die kritische Grundhaltung dem Staat gegenüber auf zu geben und gegen eine billige und unreflektierte Antiklerikalität einzutauschen? (etwas Recherche über Staatsgläubigkeit in der, zugegeben für manchen schon weit entfernten, neueren deutschen Geschichte könnte so manche Staatseuphorie etwas bremsen)

     

    Ist das, im Artikel zu Recht, beklagte Bildungssystem nicht doch zu einem vielleicht auch nur klitzekleinen Teil vom Staat und seinen in Fall von Berlin rot röteren Vertretern verursacht als von den Kirchen, die dagegen kämpfen sollen (aber höchstens Freitagnachmittags in der 14ten Stunde)?

    (etwas Recherche hätte ergeben, dass Bildung Ländersache ist)

     

    Wer hätte gedacht, das die TAZ einmal die Konkubine der Mächtigen im Senat wird und darüber in den gleichen Recherchestil verfällt wie andere in Berlin gemachte Blätter die sich die Meinung eben nur „bild“en und sie nicht durch profundes Wissen und Recherche erlangen?

     

    Schade, dass sich die TAZ aus dem anspruchsvollen Journalismus endgültig verabschiedet hat.

  • VC
    Veronika Csizi

    Na und? Nur weil 60 Prozent der Berliner konfessionslos sind, müssen sich die restlichen 40 Prozent durch zwangsweises Ethik beglücken lassen? Haben Minderheiten keine Rechte mehr? Warum ist die Berliner Linke, inklusive taz, so penetrant gegen mehr Freiheit im Lande? Lasst doch jeden glauben, was er möchte, solange er sich im Rahmen der Verfassung bewegt. Wer gegen Religion an den Schulen ist, muss gegen jede staatlich sanktionierte Wertevermittlung eintreten. Denn es ist ein Paradoxon zu glauben, es könne einen werteneutralen Werteunterricht geben. Ich habe 3 Kinder an Berliner Schulen - und ich weiß, wie die Chose in der Praxis aussieht. Die subtile Beeinflussung ist ganz erheblich. Atheistische Lehrkräfte manipulieren in ihre Richtung (das geht so weit, dass Religionen gar nicht mehr im Unterricht erwähnt werden, was aber dem Lehrplan widerspricht), andere hetzen gegen den Islam, wieder andere suggerieren den 12jährigen religiöse Inhalte. Das ist doch logisch, wir sind doch Menschen. Und: Es ist lächerlich zu behaupten, nur Ethik könne in einer multikulturellen Gesellschaft für gegenseitigen Respekt sorgen. Nachgerade lächerlich! Als ob das Verständnis und die Wertschätzung anderer Kulturen von 2 Schul-Stunden Ethik abhingen, in denen die Pubertisten lümmelnd und dösend an ihren Nägeln kauen. Nun gut, dies könnte der Senat mit einem verpflichtenden Besuch einer Kirche, einer MOschee, eines Tempels und einer Synagoge kontern. Neuerdings meint der Staat ja ohnehin, er müsse alles und jedes bis in die Haarspitzen des Privaten regeln, ordnen und festlegen.

  • LG
    Liane Gebhardt

    @Stefan

    Stefan, Sie schreiben als LER-Lehrer: "Die Kirchen dagegen diskutieren nicht, sie schreiben vor!" Wenn das die TOLERANZ und WEITSICHTIGKEIT ist, von der es ja so viel im Ethikunterricht geben soll, na dann GUTE NACHT.

    Offensichtlich haben Sie eine schlechte Ausbildung genossen (wohl in Potsdam?). Jedenfalls scheint das "R" sehr kurz gekommen zu sein. Aber das ist typisch für den LER- und Ethikunterricht, weshalb es dringend geboten ist, sich von solchen staatlichen Fächern abmelden zu können.

    Ich empfehle Ihnen mal einen Blick in eine theologische Bibliothek zu werfen, dann werden Sie gewahr, wie schon immer disputiert, diskutiert und gestritten wurde. Das sollte man eigentlich schon daran erkennen, dass es nicht die EINE EINZIGE KIRCHE gibt.

  • DH
    Dominique Hartung

    Ich freue mich zu hören (auch durch die Aktion "Christen gegen pro Reli" und viele christliche Freunde), dass dieser absurde Alleinvertretungsanspruch der Kirchen auf die Betrachtung ihrer Religion durchaus gespalten gesehen wird.

    Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich meinen Ethikunterricht an der Berufsschule (nicht in Berlin) von einem evang. Pfarrer abgehalten wurde, was ich als nicht gläubiger Mensch als Zumutung empfand. Aber hatte ich eine Chance, mich dagegen zu wehren? Nein!

     

    Ich erwarte mir von der Schule eine neutrale Wissensvermittlung auch dieser Themen über alle Konfessionsgrenzen hinweg. Das geht beim konfessionellen Pflichtunterricht meiner Meinung nach nicht, da eine Kontrolle über das im Unterricht mündlich vermittelte Wissen.Und mein Misstrauen den Kirchen gegenüber ist nicht unbegründet; ich habe selbst erlebt, wie subtil das vor sich gehen kann.

     

    Ein freiwilliger zusätzlicher Unterricht steht jedem frei. Aber nicht an staatlichen Schulen!

  • S
    Stefan

    @Aaron

     

    Objektivität ist auch ein Wert und kann auch gelehrt werden. In Ethik geht es hauptsächlich darum, dass Kinder und Jugendliche Urteile bilden können, d.h. Sättze, in denen ein "weil" vorkommt! Es geht darum, die Jugend davon zu bewahren mit Argumenten, wie "Ist so!" oder "Kein Plan" zu bewahren, sondern sie anzuregen, eigene vernünftig, reflektierte Meinungen bilden zu können! Dafür brauchen wir Ethik, denn das braucht man in jedem Job, denn in jedem Job wird verhandelt. Die Kirchen dagegen diskutieren nicht, sie schreiben vor! Kirchen bauen auf Dogmatik, auf Gesetze Gottes! Kinder lernen dabei, sich an Gesetze Gottes anzupassen, statt eigene Urteile zu bilden! Daher ist Ethik notwendig, muss Pflicht sein, Religion kann dann jeder belegen, der gläubig ist. Übrigens: Übrigens: Auch in Ethik sind Religionen ein Thema ("Ethik der Religionen").

     

    Stefan,

    Lehrer für LER in Brandenburg

  • E
    emil

    Die VerfechterInnen von Pro Reli mögen doch mal mindestens folgende Argumente eines Vorredners hier bedenken, der schrieb: "(...) Das Kind hat - sofern es nicht von den Eltern zu etwas gezwungen wird! - die Wahl, ob es Religionsunterricht haben will oder nicht. Nur hat es nicht die Wahl, ob es Ethik haben will oder nicht, sowenig es wählen darf, ob es das Alphabet lernen soll oder nicht, oder das kleine Einmaleins. Ethik ist keine Glaubensfrage. (...) Auch das deutsche Grundgesetz ist ein Dokument der Ethik (...) Um Menschen das Verständnis für diese Texte nahe zu bringen, dazu dient z.B. ein Ethik unterricht. Jede Religion kann heute in Deutschland wahlweise zusätzlich für diese Anschauungen noch metaphysische und andere Dinge beisteuern (...)." So ist es!

     

    Möge doch der Geist der Weisheit und der Erkenntnis die Menschen stärker ergreifen!

  • A
    Aaron

    Warum nimmt sich der Staat eigentlich das Recht heraus, die Berliner Schülerinnen und Schüler Ethik zu lehren? Ethische Werte sind doch nicht objektiv, aber objektiv hat der Staat zu sein. Sonst sind wir bei Staatsbürgerkunde a la DDR, na vielen Dank! Werte vermitteln können doch nur Weltsanschauungsgemeinschaften wie die in Berlin vertretenen Religionen! Und es soll ja nur ein WAHLpflichtfach ein, ich verstehe nicht, warum es darum so einen Streit gibt.

    Natürlich sind die Schulen dennoch in der Pflicht, interreligiösen und -kulturellen Austausch zu fördern. Zum Beispiel mit Projektwochen.

  • C
    ChristineZielicke

    Vielen Dank an Christian Füller für diesen Artikel. Als Kirchensteuerzahlerin war ich unglaublich wütend über die Geldverschwendung dieser Aktion, - Bischof Huber hat offenbar alle Schäfchen angeschrieben und zur Unterschrift gebeten.

    Und wofür? Niemand kann mir erzählen (wie es eine junge Dame beim Unterschriftensammeln versucht hat), dass der Religionsuntericht dafür sorgt, dass die Schüler überzeugtere Christen, Muslime, Buddhisten oder was auch immer - werden. Grade in einer Stadt in Berlin ist es wichtig, dass junge Menschen möglichst viel über andere Kulturen erfahren können.

    Und das hat gar nichts mit Religionsfeindlichkeit zu tun!

  • X
    xekinai

    Liebe Liane Gebhardt,

     

    Sie schreiben "Die Kirchen haben nichts gegen das Fach "Ethik", nur das es von allen zwangsweise besucht werden muss." Und das genau ist der Kern des Problems. Im Interesse des konfessionellen Religionsunterrichtes richten Sie sich gegen ein Fach, das zum Ziel hat (ob das nun bisher befriedigend eingelöst wird oder nicht), ALLE Schüler/innen GEMEINSAM über Fragen der Ethik, Werte, Philosphie zu unterrichten und diskutieren zu lassen. Ein solches Fach ist in einer multireligiösen und multiethnischen Stadt bitter nötig.

    Grundlegende ethische Bildung braucht in einem demokratischen Staat jeder - ebenso wie in einer modernen Gesellschaft jeder grundlegende Fähigkeiten in Mathematik, Sprachen, Naturwissenschaften braucht. Glauben ist hingegen freiwillig und Privatsache. Deshalb sind Religion und Ethik keine gleichwertigen Alternativen. Mit gutem Grund fordert auch niemand eine Befreiung vom Sportunterricht für denjenigen, der in einem Fußballklub ist, oder eine Wahlfreiheit zwischen Mathe und Schachverein.

    Die Kirchen sollten sich freuen, dass ihr konfessioneller Unterricht überhaupt an staatlichen Schulen angeboten und staatlich alimentiert wird - ein keineswegs selbstverständliches Privileg!

  • H
    Hauke

    Ich kann Herrn Füller nur zustimmen.

    Die Kirchen bzw. "Pro Reli" argumentieren demagogisch und lügen dabei schamlos - insbesondere auf ihren Plakaten. "Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen" ist für die scheinheiligen Herrschaften offensichtlich kein Thema, solange ihre Halbwahrheiten und Lügen ihren politischen Zwecken dienen.

    "Pro Reli" ist in Wahrheit "Anti Ethik", denn ihr Ziel ist es, Kindern, die den Religionsunterricht besuchen wollen (oder müssen, weil es ihre Eltern so bestimmen), den Ethik-Unterricht zu verweigern. Wo ist da bitteschön die angeblich hochgehaltene Wahlfreiheit?

    Bitte, oh Herr, lass Hirn regnen - und stopp diesen Unsinn, der sich Deines Namen bemächtigt!

  • LG
    Liane Gebhardt

    Es soll Journalisten geben, die sich mit der Materie, über die sie schreiben, richtig befassen, will sagen: Die richtig recherchieren, bevor sie zur Tastatur greifen. Ihr Artikel strotzt voller Vorurteile und Polemik gegen Pro Reli, die Kirchen und die Bischöfe. "Lügner" rufen Sie Ihnen zu.

    Dabei beginnen Ihre Fehlleistungen ("Lügen" will ich es mal nicht nennen) schon mit dem ersten Satz, denn die Kirchen haben nichts gegen das Fach "Ethik", nur das es von allen zwangsweise besucht werden muss und ein Pflichtfach Religion soll niemandem aufgezwungen werden. Aber es bedient die linken Stammtische, das ist wohl ihr Ziel.

    Sie haben sich nicht mit dem Religionsunterricht in Berlin beschäftigt, sonst würden Sie nicht die Indoktrinationskeule schwingen, Sie haben sich nicht mit dem praktizierten Ethikunterricht in Berlin auseinandergesetzt, sondern vermitteln ein Traumbild vom Ethikunterricht den PRO ETHIK und der rot-rote Senat suggeriert. Sie haben offensichtlich keine Kinder in dem Alter zwischen 12 und 15, die dieses Fach besuchen müssen.

    Und ich möchte nicht wissen, wie Initiativen Sie unterstützen würden, wenn Herr Wowereit alle Berliner zwangsverpflichten würde, täglich die "WOWI-Zeitung" zu kaufen, zu lesen und wiedergeben zu müssen.

    Mehr Zeit will ich Ihrem merkwürdigen Artikel nicht widmen, aber danken muss ich Ihnen doch, denn ich glaube, nun muss ich irgendwoher Unterschriftenlisten besorgen und sammeln, damit Pro Reli noch die notwendigen Unterschriften bekommt. Vielleicht sehen wir uns in der U-Bahn.

  • TS
    Tobias Schmock

    Schade, dass die taz immer bei ihrer unreflektierten Religionsfeindlichkeit bleibt. Ich traue ihr mehr zu

  • ME
    Mia Eichhof

    Als Katholikin habe ich leider schon viele schlechte Predigten gehört. Diese „Predigt“ von Herrn Füller hebt sich leider nicht gerade positiv davon ab: Das die Werbung in den U-Bahnen „bescheuert“ und die Argumente der Pro-Reli-Initiatoren eine Lüge seien, ist schlicht beleidigend. Das der Autor seine Gegner auf diese Weise abwertet, anstatt ihnen zunächst mal guten Willen zu unterstellen, ist kein Ausweis guter Dialogkultur oder besonderer Nächstenliebe. Außerdem ist die Argumentation z.T. ziemlich krude. So wird z.B. die Aussage der Kirchen „Die Kinder sollen die Wahl haben“ zunächst richtig zitiert, dann aber übelwollend gedeutet als „der böse Wowereit unterdrücke die Christen“ und schließlich noch in Zusammenhang mit Antimuslimischer Hetze gebracht. Da ist von der ursprünglichen Aussage – der freien Wahl - nichts mehr geblieben. Erst in der zweiten Hälfte der „Predigt“ kann ich als Lesrin eine Ahnung von der gut gemeinten Intention des Schreibers finden: „Zu den großen Fragen unserer Zeit zählt, wie wir die Schulen wieder zu Orten der Zukunft und der Gerechtigkeit machen. Und wie wir den bedrohlich anschwellenden Krach der Religionskulturen vermeiden und zu einem Austausch kommen können.“ Diesen Satz kann ich vorbehaltlos unterschreiben. Aber ich denke, die Initiatoren von Pro Reli könnten das auch.

    Allerdings setzt Austausch und Dialog zweierlei voraus: Hören können und sich ausrücken können. Ich halte es für eine durchaus vernünftige These, dass Kinder um letzteres zu lernen erstmal ihre eigene Tradition und Religion verstehen lernen müssen. Das soll der Religionsunterricht vermitteln - und zwar unter Staatlicher Aufsicht und nicht nur in Pfarr- und Hinterhöfen.

     

    Das die Kirche leider all zu oft gefehlt hat und noch fehlt, wo sie nötig gewesen wäre, um gegen Ungerechtigkeit und Elend aufzustehen, auch in unseren Schulen, dass ist eine schmerzliche Wahrheit, die auch mich machmal kirre machen kann. Aber das ist ein anderes Thema. Durch diese simple Kritik an Pro Reli wird dieses Problem (leider) nicht geringer.

  • MM
    Max Müller

    Ach gösse sich das Füllhorn des Wissens über Füller aus, dann würden nicht so viele Behauptungen stehen. Zur Polemik dient es allemal, und das solles doch sein, oder?!

  • RC
    Rudolf Carstens

    Dem Artikel kann man nur aus ganzem Herzen zusprechen. Es ist wahr: Die Kirchen sind längst zu Stätten der Egozentrik geworden. Darum sollte auch die Kirchensteuer abgeschafft werden. Das Geld soll denjenigen zukommen, die sich am meisten solidarisch um eine gerechte und chancengleiche Gesellschaft bemühen. Wer Kirchensteuern dazu benutzt, in der Finanzwelt mitzuzocken, braucht keinen Religionsunterricht, er hat einfach keine Ethik gelernt.

  • B
    Björn

    Danke für diesen klugen, reflektierten Artikel!

  • CH
    Christian Heinemann

    Habe lange keine Predigt mehr gehört, der ich in der Sache so zustimmen kann. Wenn die Kirche in unserer Gesellschaft weiterhin eine wichtige Rolle spielen will, muss sie sich für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen, eine Gesellschaft, in der man im Ethikunterricht nicht nur lernt, dass alle Menschen mit ihren Bedürfnissen, Wünschen, Nöten und Vorstellunegn ernst genommen werden müssen, sondern in der wirklich alle SchülerInnen und LehrerInnen mit Respekt behandelt werden und eine Chance haben sich zu entwickeln. Leider kämpft die Kirche mit ihrem Einsatz für das Fach Religion nur für sich selbst. Das können andere auch, dazu brauchen wir keine Kirche.

  • T
    Timo

    Ich angagiere mich als Christ (EFG) politisch für eine Chancengleichheit an Schulen!

  • KK
    Klaus Keller

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    Religion ist Privatsache,

    Trennung von Staat und Kirche!

    Wenn " die Kirche " jemanden unterrichten will gerne , aber nicht auf kosten der Allgemeinheit.

    Sie kann ja ihre Gottesäuser am Sonntag dafür nutzen.

    (PS Sport halte ich auch für eine Freizeitangelegenheit)

    Klaus Keller , Hanau

  • MB
    mahatma bhaktavatsalam

    Lügen und Scheinheiligkeit gibt es zwar im Christentum schon so lange, wie es existiert, und nicht nur am Rande, aber bis vor einigen Jahren hatte ich gehofft, dass der Geist der Wahrheit und der Güte doch auch im Christentum ein bisschen mehr um sich gegriffen habe. Bischof W. Huber enttäuscht mich hier besonders. Dass er sich auf so eine Propagandaaktion einlässt, entspricht nicht dem Bild, das ich aufgrund einiger zufälliger Erlebnisse bisher von ihm hatte (hatte von ihm mal vor einigen Jahren irgendwas gelesen und ihm im Fernsehen gesehen, was mich damals eigtl. positiv überrascht hatte und meine Hoffnung auf die Lernfähigkeit des Christentums genährt hatte - naja, mensch soll ja nie aufgeben).

     

    Die Verlogenheit besteht unter anderem darin, dass die Kampagne suggeriert, dass es beim aktuellen Konzept keine Wahlfreiheit gibt, Religionsunterricht zu haben. Das ist eine Lüge! Das Kind hat - sofern es nicht von den Eltern zu etwas gezwungen wird! - die Wahl, ob es Religionsunterricht haben will oder nicht.

     

    Nur hat es nicht die Wahl, ob es Ethik haben will oder nicht, sowenig es wählen darf, ob es das Alphabet lernen soll oder nicht, oder das kleine Einmaleins.

     

    Ethik ist keine Glaubensfrage. Wer das nicht kapiert, hatte evtl. selbst nie einen guten Ethikunterricht (ein Grund mehr für einen solchen) und sollte z.B. 'mal John Rawls " A Theory of Justice " lesen, speziell die Abschnitte zum " sense of justice " und in einigen Aufsätzen von ihm etwas zum " overlapping consensus ".

     

    Auch das deutsche Grundgesetz ist ein Dokument der Ethik, nämlich speziell der politischen Ethik, und zugleich ein juristisches (da jedes Gesetz ohne ethische Grundlage langfristig etwa so stabil ist wie ein Wackelpudding).

     

    Das GG ist aber eben gerade kein speziell christiliches Dokument. Ähnliches gilt z.B. für die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen vom 10.12.1948 oder die Kinderrechtskonvention, die dieses Jahr ein "Jubiläum" feiert. Um Menschen das Verständnis für diese Texte nahe zu bringen möchte, dazu dient z.B. ein Ethik unterricht.

     

    Jede Religion kann heute in Deutschland wahlweise zusätzlich für diese Anschauungen noch metaphysische und andere Dinge beisteuern (aber bitte keine, die dazu konträr sind - obwohl das in der Praxis leider z.T. anders läuft - vgl. die Hetze von religiösen LehrerInnen gegen manche "moderne" Lebensformen). Diese "Anreicherung" steht aktuell (zumindest den Eltern) frei zur Wahl. Dies zu leugnen ist etweder scheinheilig und unehrlich oder abgrundtief dumm, oder ein Mix daraus.

  • J
    JanRasmus

    Wir brauchen die Kirchen nicht. Im Gegenteil: sie sollten auf die Rolle jeder anderen weltanschaulichen Lobbygruppe zurückgestutzt werden, ihre Privilegien verlieren. Nun gut, ihre Jugend-, Sozial- und Entwicklungshilfearbeit ist lobenswert, doch in diesen Bereichen gibt es auch genug nicht-religiöse Initiativen. Alles kein Grund, weiter so zu tun, als dürfte eine einzige Religion eine privilegierte politische Rolle in einer pluralistischen Gesellschaft spielen.

  • SW
    Stefan Weller

    Ich bin selbst Pfarrer und kann dem Artikel von Christian Füller nur zustimmen. Die Aktivitäten der Landeskirchen zur Restaurierung des konfessionell getrennten Religionsunterrichts sind beschämend. Gut, wenn dem gerade auch im christlichen Namen widersprochen wird.

  • P
    ProDeutschland

    Die Deutschen werden tagtäglich verraten und das schon seit 40 Jahren und keinen störts anscheinend !

    Die Dominanz der Amerikanischen Kultur, der Finanzmärkte usw. Dagegen hat die Kirche auch nie rebelliert.

    Kein Wunder das es kaum noch Rückhalt in der Bevölkerung gibt.