Präsidentschaftswahlen in Nigeria: Moment der Hoffnung
Außenseiter Obi von der Labour-Partei hat bei den Präsidentschaftswahlen in Nigeria einen Achtungserfolg errungen. Nun muss er die Parteibasis verstärken.
D ie Hoffnungen vieler junger Menschen sind zerstört. Der 70-jährige Bola Tinubu wird Afrikas größte Volkswirtschaft in den nächsten vier Jahren regieren, und nicht der wirtschaftsliberale Peter Obi, auf den viele gesetzt hatten. Der Generationswechsel ist wieder missglückt.
Trotzdem hat Obi viel erreicht und mit 25 Prozent der Stimmen einen Erfolg erzielt. Er hat großen Anteil daran, dass sich die junge Bevölkerung für Politik interessiert und sich unabhängig von Parteistrukturen einbringt. Politik in Nigeria – ein exklusives System mit von außen undurchsichtigen Verflechtungen, Hierarchien und enorm viel Geld – ist zumindest für einen Moment aufgebrochen und zugänglicher geworden. In weniger als einem Jahr hat Obi die Labour-Partei landesweit bekannt gemacht und gezeigt, dass sich das Zwei-Parteien-System aufbrechen lässt.
Obis Bemühungen waren ein medial präsenter Wahlkampf vor allem an der jungen, urbanen Basis. Das hat allerdings über Realitäten hinweggetäuscht. Labour hat anders als der All Progressives Congress (APC) von Tinubu nicht in jedem Dorf Plakatkleber*innen. Ihr Logo – drei Menschen, die verschiedene Ethnien und Religionen darstellen, – ist nicht so bekannt wie der Regenschirm der PDP, der anderen großen Partei. Dabei stehen nur die Symbole auf dem Stimmzettel. Und trotz aller Aufrufe zur Einheit bleibt Nigeria ein gespaltenes Land. Einen Igbo und Christen wie Obi zu wählen, das fällt vielen Menschen im muslimisch geprägten Norden weiter schwer.
Jetzt ist es für die Opposition wichtig, trotz großer Enttäuschung nicht in Lethargie zu verfallen oder das Land zu verlassen. Es gilt, Strukturen zu vertiefen und an der Basis gute Parteiarbeit zu machen. Ob die anfängliche Euphorie die kommenden Jahre überlebt, bleibt abzuwarten. Letztlich ist auch nicht sicher, ob die Spitzenpolitiker*innen bei der Labour-Partei bleiben. In Nigeria ist es üblich, je nach Bedarf Parteien zu wechseln. Obi selbst ist dafür ein gutes Beispiel. Noch vor weniger als einem Jahr wollte er für die PDP antreten. Nur weil er nicht nominiert wurde, tauschte er sein Parteibuch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Netzgebühren für Unternehmen
Habeck will Stromkosten senken