Präsidentschaftswahl in der Slowakei: Europa liegt überraschend vorn
Ex-Diplomat und Proeuropäer Korčok landete deutlich vor dem Favoriten Pellegrini. Bei der Stichwahl am 6. April steht der Kurs zur Ukraine auf dem Spiel.
Der aktuelle Parlamentspräsident Pellegrini steht der regierenden, russlandfreundlichen Smer-Partei nahe und war als Favorit ins Rennen gegangen. Weit abgeschlagen mit knapp 12 Prozent landete der rechtsnationale Štefan Harabin auf Platz drei. Die anderen Kandidaten lagen allesamt unter 3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 52 Prozent und damit deutlich höher als noch 2019 und 2014. Mit diesem Ergebnis kommt es am 6. April zur Stichwahl.
Auf dem Spiel steht viel, denn seit einem halben Jahr regiert unter Premier Robert Fico die russlandfreundliche Partei Smer („Richtung“) in Bratislava. Die Smer ist sozialdemokratisch bis linkspopulistisch, gleichwohl auch nationalkonservativ. Zuwanderung, die „LGBT-Gemeinschaft“ und „Liberale“ hat sie als Bedrohungen tituliert. Auch gilt sie als antiamerikanisch und russlandfreundlich. In vielen Fragen ist Fico auf einer Linie mit dem ungarischen Anti-Europäer Viktor Orbán. Fico will etwa jede finanzielle Unterstützung für die Ukraine beenden. Auch forderte er sie zur Aufgabe von Teilen ihres Territoriums auf, um den Krieg zu beenden.
Sollte Korčok auch die Stichwahl gewinnen, gäbe es ein Korrektiv dazu. Ein solches war bereits die bisherige Amtsinhaberin Zuzana Čaputova. Sie wurde 2019 Präsidentin, gab aber bereits im Vorfeld bekannt, keine zweite Amtszeit zu verfolgen. Čaputova war Rechtsanwältin und Umweltaktivistin, später stellvertretende Vorsitzende der 2017 gegründeten, linksliberalen Partei „Progresívne Slovensko“ (Fortschrittliche Slowakei). Sie kämpfte gegen Korruption, setzte sich für Minderheiten ein und hatte gute Beziehungen nach Brüssel. Jetzt gewann mit Korčok wieder ein Proeuropäer.
Harter Wahlkampf vor Stichwahl erwartet
Der Diplomat, 59 Jahre alt, blickt auf viel politische Erfahrung zurück. Seine Karriere begann im slowakischen Außenministerium. Ab 2005 war er slowakischer Botschafter in Berlin, ab 2009 in der Ständigen Vertretung bei der EU sowie ab 2018 in den USA. Von 2020 bis 2022 war er Außenminister in zwei parteiübergreifenden Regierungen aus Konservativen, Rechtspopulisten und Liberalen. Korčok ist offiziell parteilos, lief aber als Außenminister auf einem Ticket der liberalen SaS-Partei („Freiheit und Solidarität“).
„Wir haben einen großen Schritt getan. Der Weg, der vor uns liegt, beginnt jetzt aber aufs Neue“, sagte Korčok. „In der zweiten Runde müssen wir mehr tun, damit wir gewinnen.“ Zu den Zielgruppen, die er mobilisieren will, zählen vor allem junge Menschen, die mit der Richtung der Regierung unzufrieden seien, und bisherige Nichtwähler*innen. Sein Herausforderer Pellegrini rechnet mit einem harten, aber fairen Duell. In den letzten sechs Jahren gab es sechs verschiedene Regierungen, von 2018 bis 2020 unter Pellegrini. Zu den Aufgaben des Präsidenten wird auch zählen, Stabilität zu bringen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“