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Präsidentin Plavšić denkt an Rücktritt

Bei den Parlamentswahlen in der serbischen Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina zeichnet sich ein Vorsprung für die Partei von Radovan Karadžić ab. Kritik an OSZE wegen Wahlkampfhilfe für Parteien  ■ Aus Sarajevo Erich Rathfelder

Wenn die Karadžić-Partei SDS die Parlamentswahlen gewinnen würde, müsse sie wohl auch einen Rücktritt in Erwägung ziehen, hatte die Präsidentin der serbischen Teilrepublik in Bosnien- Herzegowina, Biljana Plavšić, schon vor dem vergangenen Wahlwochenende in Banja Luka erklärt. Der Zeitpunkt dafür scheint näherzurücken.

Nach den vorliegenden Teilergebnissen, die noch nicht von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bestätigt sind, sieht es ganz nach einem knappen Vorsprung für die Extremisten der Serbisch Demokratischen Partei (SDS) und der Serbischen Radikalen Partei der Republika Srpska (SRS) aus. Demgegenüber erreichte die erst kürzlich gegründete Partei von Biljana Plavšić, die Serbische Volkspartei (SNS), selbst in ihrer Hochburg, der westbosnischen Großstadt Banja Luka, nicht mehr als 38 Prozent der Stimmen. Im gesamten westbosnischen Gebiet hat sie noch Chancen, eine knappe Mehrheit zu behaupten.

In Ostbosnien dagegen, in den Städten Pale, Brčko, Bijeljina, Zvornik und Foca liegen die extremistischen Parteien bislang weit vorne. Insgesamt reklamiert die Karadžić-Partei SDS bei einer Wahlbeteiligung von knapp 70 Prozent rund 30 Prozent der Stimmen für sich, die Plavšić-Partei könnte nach den bisherigen Angaben mit insgesamt 20 Prozent rechnen und läge damit nur noch knapp vor den Radikalen, die voraussichtlich auf 17 Prozent kommen werden. Einen Achtungserfolg reklamieren die Sozialisten mit 14 Prozent der Stimmen für sich.

Noch nicht ausgezählt sind die Stimmen aus dem Ausland, die zum größten Teil von Vertriebenen abgegeben wurden. Nur eine hohe Wahlbeteiligung dieser Gruppe könnte den Wahlsieg der Extremisten im 83 Sitze zählenden Parlament noch verhindern, hieß es gestern von Sprechern internationaler Institutionen in Sarajevo.

Daß die internationale Gemeinschaft auf Biljana Plavšić gesetzt hat, ist auch der serbischen Wahlbevölkerung nicht verborgen geblieben. So scheint das Argument der Radikalen, Plavšić habe sich ans Ausland verkauft, zugkräftig gewesen zu sein.

Mit internationaler Unterstützung war es der Präsidentin gelungen, die Machtbasis der Extremisten in Westbosnien zu zerstören. Das staatliche Fernsehen aus Pale war im Oktober ausgeschaltet worden, seit Wochen konnten die Bewohner der gesamten Republik nur die Sendungen aus Banja Luka empfangen. Finanzielle Hilfen und die Wiedereröffnung des Flughafens in Banja Luka sowie militärischen Schutz durch Sfor-Truppen reichten offenbar nicht aus, die Mehrheit auf Plavšićs Seite zu ziehen.

Unterdessen ist in Sarajevo die OSZE bei den internationalen Organisationen in Bosnien in die Kritik geraten. Es sickerte durch, daß die OSZE an alle Parteien in der Republika Srpska insgesamt 800.000 Dollar zur Finanzierung des Wahlkampfes verteilt hat. „Mit europäischen Steuergeldern wurden die von dem amerikanischen Unterhändler Richard Holbrooke als Faschisten bezeichneten Extremisten gesponsert“, ist eine der inoffiziellen Stellungnahmen. Neu ist das nicht. Bereits im Jahre 1996 hatte die OSZE die Partei des serbischen Kriegsverbrechers Arkan unterstützt. Kommentar Seite 12

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