Posterkampagne des Heimatministeriums: Bilanz einer „absurden Plakataktion“
Die Werbekampagne des BMI für „freiwillige Rückkehr“ hat heftig empört, aber wenig bewirkt. Das zeigt eine Anfrage der Linken.
Etwa 315.000 Euro hat die Aktion gekostet, bei der im November in rund 70 deutschen Städten Plakate aufgehängt wurden. Ziel sei gewesen, ausreisepflichtige Personen „auf die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr hinzuweisen“, heißt es. Auch habe man auf die „besonderen Möglichkeiten“ während der dreimonatigen Aktion hinweisen wollen: „Bis zum 31. 12. 2018 bis zu zwölf Monate zusätzlich Wohnkosten sichern“, hieß es auf den Plakaten. Eine Schnäppchen-Anmutung, die heftig kritisiert worden war.
Den Trend der schon länger sinkenden Zahlen der „freiwilligen Rückkehr“ hat das nicht beendet. Vor einigen Jahren waren es noch mehr als 50.000 pro Jahr, 2017 nutzen 29.522 Personen das Programm zur freiwilligen Rückkehr, bis Ende Oktober 2018 waren es nur 14.183. Im Zeitraum der Werbeaktion von Mitte September bis Ende Dezember hätten 606 Menschen die besonderen Konditionen in Anspruch genommen, berichtet die Bundesregierung. Während des vorherigen Programms Ende 2017 bis Anfang 2018 waren es 1.858 Personen.
„Enorme Kosten, eine Verunsicherung weiter Teile der migrantischen Bevölkerung und eine vergleichsweise geringe Zahl an Rückkehrern – das ist die Bilanz dieser absurden Plakataktion der Bundesregierung“, sagte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. An den „desaströsen Bedingungen in den Herkunftsländern“ könne auch eine Plakatkampagne nichts ändern. Geflüchtete aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder Eritrea zur Rückkehr zu drängen sei „einfach zynisch“.
„Nicht beabsichtigt“
Die Plakate waren auf Russisch, Arabisch, Französisch, Englisch, Farsi und Paschtu verfasst und zeigten diverse Flaggen, darunter die somalische, türkische, syrische und russische. Diese habe man entsprechend der Anzahl ausreisepflichtiger Menschen ausgewählt, erklärt die Bundesregierung. Das Wort „ausreisepflichtig“ kam auf den Plakaten allerdings nicht vor.
Zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund hatten empört gefragt, ob auch sie gemeint seien. „Soweit sich Personen wie ausländische Fachkräfte oder deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund ebenfalls angesprochen fühlten, war das nicht beabsichtigt“, erklärt die Bundesregierung nun. Jelpke kritisierte, die Bundesregierung trample auf den Empfindungen von Migrant*innen herum.
Auch in anderer Hinsicht sei die Erklärung interessant; denn neben den genannten Gruppen gebe es ja nicht nur Ausreisepflichtige, sondern auch anerkannte Flüchtlinge. „Dass diese alle in ihre Herkunftsländer zurückkehren sollen, aus denen sie vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, kann die Bundesregierung ja wohl nicht ernst meinen“, sagte Jelpke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe