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■ Positive Tendenz bei den Wahlen in Bosnien-HerzegowinaEinbruch für die Nationalisten

Daß der Opponent aller Nationalisten, der Bürgermeister von Tuzla, Selim Bešlagić, nach vorläufigen Schätzungen mit 57 Prozent rechnen kann, gibt zu Recht allen zivilen und demokratischen Kräften in Bosnien-Herzegowina Auftrieb. Der Jubel all jener, die trotz des Krieges auf die Wiedererstehung der zivilen Gesellschaft Bosnien-Herzegowinas gehofft haben, die den Nationalisten nicht auf den Leim gingen und die nicht dabei mitmachten, nur in den Kategorien von Serben, Muslimen und Kroaten zu denken, ist in der Tat begründet. Denn überall im Lande, auch in der serbischen Republik, ist die Herrschaft der Nationalisten angeknackst, wenn auch noch nicht zerbrochen.

Da die nichtnationalistischen Oppositionen in allen größeren Städten außer Mostar und Brčko stark repräsentiert sein werden, wird in Zukunft ihre Stimme nicht mehr zu überhören sein. Die internationale Gemeinschaft, die bisher nur mit den Nationalisten verhandelt hat, wird nun auch diesen Machtfaktor berücksichtigen müssen. Daß endlich die internationalen Institutionen an einem Strang ziehen und trotz aller Widerstände und Kompromisse die Wahlen zum Erfolg führten, muß anerkannt werden. Seit den Wahlen ist in Bosnien nichts mehr so, wie es war.

Die Machtstrukturen der nationalistischen Parteien sind endlich in Frage gestellt. Im muslimisch dominierten Gebiet, in dem es auch während des Krieges eine demokratische Öffentlichkeit gab, muß die muslimische Nationalpartei SDA in Zukunft auf allen Ebenen Kompromisse machen. Im serbischen Teilstaat wird Karadžićs Partei, die SDS, nicht nur in Banja Luka nichts mehr zu sagen haben. Ihre Handlungsfähigkeit wird durch starke serbische Oppositionsparteien auch anderswo eingeschränkt. Und vor allem: Die Vertreter der Vertriebenen werden nicht nur in Srebrenica den „ethnischen Säuberern“ in vielen Gemeindevertretungen gegenübersitzen.

Daß das Wahlvolk in diesen Tagen die Absprache von Karadjordjevo – dem von Milošević und Tudjman schon 1991 beschlossenen Teilungsplan für Bosnien- Herzgowina – schon jetzt zerstört hat, mag eine zu optimistische Sichtweise bosnischer Intellektueller sein. Es ist aber jetzt ein demokratischer Prozeß in Gang gesetzt, der für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr eine politische Niederlage der nationalistischen Extremisten verspricht. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die internationale Gemeinschaft die Anerkennung der Wahlergebnisse durchsetzt. Und dafür stehen die Mittel zu Verfügung. Erich Rathfelder

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