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Portugal kriegt blauen Brief von der EU

EU-Kommission geht gegen Portugal wegen zu hoher Neuverschuldung vor. Drohung an Deutschland und Frankreich

BRÜSSEL dpa ■ Erstmals seit der Euro-Einführung ist die EU-Kommission gegen einen Mitgliedstaat wegen überhöhter Neuverschuldung vorgegangen. Portugal habe im vergangenen Jahr mit einem Defizit von 4,1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Stabilitätspakt und damit EU-Recht verletzt, entschied die Kommission am Mittwoch in Brüssel. Das wird sie der Regierung in Portugal mittteilen. Dieser „blaue Brief“ aus Brüssel war Anfang des Jahres auch Finanzminister Eichel angekündigt worden. Die Kommission traut Deutschland für dieses Jahr die Einhaltung der Kriterien ebenfalls nicht zu, hat dies aber noch nicht offiziell festgestellt wie im Falle Portugals.

Folgerichtig drohte EU-Währungskommissar Pedro Solbes gleichzeitig Deutschland, Frankreich und Italien mit ähnlichen Schritten, falls die Grenze von drei Prozent vom BIP überschritten werde. „Das Risiko besteht für 2002 in Deutschland, aber auch in Frankreich.“ Er habe am Dienstag mit Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) über den deutschen Haushalt für 2003 gesprochen. Nach diesem Gespräch sei er „beruhigt“ und zuversichtlich, dass Deutschland von 2003 an sein – um Konjunktureinflüsse bereinigtes – Defizit abbauen werde.

Eine endgültige Entscheidung über das Verfahren oder gar ein Strafgeld gegen Portugal werden die EU-Finanzminister voraussichtlich auf ihrer Sitzung am 5. November fällen. Die Kommission hatte das Verfahren bereits Ende Juli mit der Ankündigung eines Berichtes über den Lissabonner Haushalt ausgelöst.

Um die Stabilität des Euro zu sichern, sieht das EU-Regelwerk harte Maßnahmen gegen Länder vor, die auf Dauer überhöhte Haushaltsdefizite zulassen. Das Höchstmaß ist eine Geldstrafe in Höhe von 0,2 bis 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), je nach Ausmaß der Verstöße. Je nach Größe einer Volkswirtschaft liegt die Strafe damit in einer Höhe von einigen hundert Millionen Euro. Als zulässige Obergrenze für das Haushaltsdefizit sind drei Prozent des BIP vorgegeben. Dabei werden Defizite von Bund, Ländern und Gemeinden zusammengerechnet.

Der EU-Ministerrat kann von Haushaltssündern laut Artikel 104 des EU-Vertrages auch verlangen, dass sie eine unverzinsliche Einlage in „angemessener Höhe“ in Brüssel hinterlegen, bis das übermäßige Defizit korrigiert ist. Auch kann ein Staat aufgefordert werden, vor der Ausgabe von Schuldverschreibungen und sonstigen Wertpapieren zusätzliche Angaben zu veröffentlichen. Zudem kann die Europäische Investitionsbank ersucht werden, ihre Darlehenspolitik gegenüber einem Land zu überprüfen.

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