Portrait: Lafontaine will ihn nicht
Thomas Lutze ragt heraus. Mit über zwei Metern ist er der längste Bundestagsabgeordnete, was den Nachteil hat, dass er auf Gruppenfotos in die letzte Reihe muss.
Dort hätte ihn Oskar Lafontaine, Chef der saarländischen Landtagsfraktion und heimlicher Alleinherrscher der Saarland-Linken, am liebsten auch politisch gesehen. Aber Lutze will sich nicht hinten anstellen. Zum zweiten Mal nach 2013 hat er sich bei der Landeslistenaufstellung für die Bundestagswahl vor die Lafontaine’schen Favoriten in die erste Reihe, nun ja, gestellt. Ob gemogelt, wird man sehen. Das Saarland ist klein, die Linke dort auch – und Platz 1 der einzige aussichtsreiche für ein Bundestagsmandat.
Im Bundestag sitzt Lutze seit 2009, zuletzt war er Obmann der Linksfraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Lutze war fleißig: 171 Anträge und 140 kleine Anfragen reichte er in dieser Legislaturperiode ein, 40 Reden hielt er im Plenum oder gab sie zu Protokoll – damit gehört er in puncto Redebeiträge immerhin zu den Top 100 der 630 Abgeordneten.
Ausschusskollege Dieter Janecek von den Grünen beschreibt Lutze gegenüber der taz als fair und sachkundig. „Ich schätze ihn. Er ist einer von den Linken, wo wir Grünen sagen, mit denen kann man auch regieren.“
Das erklärt einen Teil des Problems. Lutze, der in Leipzig aufwuchs und dort 1989 eine Ausbildung zum Maschinenbauer mit Abitur machte, wanderte zwar schon 1991 zum Studium nach Saarbrücken aus. Doch ein Teil von ihm blieb stets sächsisch. Sein Dialekt, nu klar, aber auch der Blick auf die Partei, die 1994, als Lutze eintrat, noch PDS hieß. Lutze zählt im Gegensatz zu Lafontaine zum Reformerflügel der Linken, genau wie die ostdeutschen Landesverbände. Regierungsbeteiligungen sehen die Reformer pragmatisch, Lafontaine ist für sie ein rotes Tuch. Sie versuchen den Einfluss des Linkspopulisten gering zu halten.
Lutze steht irgendwo dazwischen: Von 2005 bis 2009 war er Lafontaines Wahlkreismitarbeiter, noch im März managte er dessen Landtagswahlkampf und sagte der taz, man habe sich ausgesprochen, 2013 sei Geschichte. Da war er wohl zu voreilig.
Anna Lehmann
Inland SEITE 6
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