Portrait: Kämpfer gegen die Etablierten
Die internationale Gemeinschaft im Kosovo muss sich auf unbequemere Zeiten einstellen: Albin Kurti, ein Führer der nationalistischen Bewegung für Selbstbestimmung, konnte bei den Parlamentswahlen am Sonntag einen Triumph verbuchen. Seine Partei nominierte den 42-Jährigen zum Ministerpräsidenten. Und auch wenn er diesen Posten nicht erreichen sollte – seine Partei ist nur die zweitstärkste -, wird es in Prishtina künftig politisch wohl noch ungemütlicher werden.
Der 1975 in Prishtina geborene Kurti gilt wahlweise als Nationalist oder Marxist. Seine politische Karriere begann in den 1990er-Jahren als Aktivist der kosovarischen Studenten- und Demokratiebewegung gegen die serbische Vorherrschaft. Als er im Juni 1999 von der serbischen Polizei wegen seiner Aktionen verhaftet und als Rädelsführer in Nis vor Gericht gestellt wurde, erklärte er trotzig: „Es ist nicht wichtig, ob Sie mich verurteilen. Alles was ich tat, habe ich aus freien Stücken getan, mit Würde und Stolz, ich würde es jederzeit wieder tun.“ 2001 kam er frei, nachdem der zwei Jahre später ermordete Zoran Djindjic serbischer Ministerpräsident geworden war.
Nach Prishtina zurückgekehrt organisierte Kurti Demonstrationen gegen das Establishment, gegen die einheimischen Politiker und die UN-Mission, die sich in Kosovo bequem eingerichtet hatte. Er kritisierte den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stillstand im Lande und forderte 2005 „Vetevendosje“, Selbstbestimmung. Mit einigen hundert Aktivisten griff er das UN-Hauptquartier mit Farbbeuteln an.
Kurti ist nicht gegen die Präsenz internationaler Organisationen im Kosovo, er will sie als unterstützende Kraft, aber nicht als Herrscher. Er sieht die 2008 ausgerufene Unabhängigkeit des Landes nicht als wirkliche Unabhängigkeit an und wirft der internationalen Gemeinschaft vor, die albanische Führung zu schützen, weil sie wegen ihrer Korruption erpressbar und so einer „faulen“ Lösung des Konfliktes mit Serbien zugänglich sei.
Jetzt ist Albin Kurti zu einem ernst zu nehmenden politischen Faktor in Kosovo geworden. Der selbst bescheiden lebende Mann ist bei allen jenen verhasst, die vom System profitieren. Erich Rathfelder
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen