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PortraitDer ewige Rock ’n’ Roller

Einer, der den Protest vermisst: Marek Lieberberg Foto: dpa

Wenn man so will, sind die dogmatischen Linken schuld, dass Marek Lieberberg sich einst nicht der Politik zuwandte und stattdessen zu Deutschlands bekanntestem Konzertveranstalter wurde. Lieberberg, heute 71 Jahre alt, gehörte in den späten Sechzigern der APO an, tummelte sich in den Kreisen des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS). Die „Brüllaffen des SDS“ (Lieberberg) aber waren seine Sache nicht – der Rock ’n’ Roll schon eher.

Lieberberg, der zu Adorno-Zeiten an der Frankfurter Universität Soziologie studierte, ließ die Lehre alsbald ruhen und gründete 1970 seine erste Konzertagentur. Kurz darauf tourte er mit The Who im VW-Bulli durch Deutschland, und in den kommenden Dekaden sollte die Marek Lieberberg Konzertagentur (MLK) zu einem der Big Player der Veranstaltungsbranche werden. Dylan und De­peche Mode, Madonna und Metallica, sie alle wurden von MLK ins Land geholt. In den frühen 90ern organisierte Lieberberg, der aus einer jüdischen Familie stammt und dessen Eltern den Holocaust überlebten, große Konzerte gegen Fremdenfeindlichkeit. Seit 1985 ist er der Mann hinter Rock am Ring.

Am Freitagabend musste das Massenevent am Nürburgring wegen einer Terrorwarnung unterbrochen werden. Rund 85.000 Besucher verließen das Festivalgelände. Lieberberg kritisierte das: Sicherheit habe immer Vorrang, aber „wir müssen uns vor Hysterie hüten“. Während Rock am Ring am Samstag doch fortgesetzt wurde, diskutierte man in sozialen Netzwerken eine Aussage Lieberbergs: „Ich habe bisher noch keine Moslems gesehen, die zu Zehntausenden auf die Straße gegangen sind und gesagt haben, was macht ihr da eigentlich?“, hatte er bei der ersten Pressekonferenz gesagt. Der Süddeutschen Zeitung erklärte er später: „Es kann gut sein, dass ich da etwas übers Ziel hinausgeschossen bin.“ Aber er vermisse es, dass Muslime den Protest auf die Straße trügen.

Dass seine Aussagen nicht besonders skandalös waren, interessierte kurz darauf kaum jemanden, denn die AfD hatte ihm schon beigepflichtet. Dazu erklärte er: „Keiner ist davor gefeit, von der falschen Seite vereinnahmt zu werden.“ JUT

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