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PortraitSchonungslos im Osten

Ostbeauftragte der Bundesregierung: Iris Gleicke Foto: SPD

Iris Gleickes Vorgänger im Amt waren stets so etwas wie Visiere des Königs. „Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder“ lautet die korrekte Bezeichnung für jenes Amt, das die SPD-Politikerin bekleidet. Das klingt nach Aufpasserin. Und aufzupassen, vor allem aber schönzureden war die Bestimmung aller Ostbeauftragten. Voran hatte es zu gehen im jährlichen Bericht, Krisen wurden zu Nebenwidersprüchen umdeklariert.

Gleicke, 1964 in Thüringen geboren, hat sich dieser Zuschreibung verweigert. Aus dem Job als Grüßaugust für die rückständigen Provinzen machte sie binnen dreieinhalb Jahren ein Fachressort. Als dessen Chefin benannte sie schonungslos Defizite, aber eben auch Fortschritte in den „neuen Ländern“, die ja so neu nun auch nicht mehr sind.

In ihrem letzten Bericht zum Stand der deutschen Einheit sprach sie 2016 im Bundestag aus, was weder Ostler noch Westler gern hören. Dass der verfestigte Fremdenhass den gesellschaftlichen Frieden bedroht und den wirtschaftlichen Aufschwung bremst. An diesem Donnerstag legt sie nun den aktuellen Forschungsbericht zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland vor. Das Ergebnis ist verheerend. Aber Gleicke hat die Wissenschaftler auch um Lösungsvorschläge gebeten.

So wird man wohl, wenn man sein gesamtes Erwachsenenleben nichts als Politik gemacht hat. Die Hochbauingenieurin hat zu Wendezeiten in Suhl die SPD mitgegründet, seither ist sie Bundestagsabgeordnete. Von 1998 bis 2002 war sie Vizefraktionschefin, zwischen 2005 und 2013 Parlamentarische Geschäftsführerin, quasi die Fraktionsmanagerin für die Sitzungswochen. Als 2013 das Wirtschaftsressort an die SPD ging, holte Sigmar Gabriel Gleicke als Ostbeauftragte in sein Haus.

Zur Bundestagswahl tritt sie diesmal nicht wieder an. Im Juli wird sie 53. Was kommt danach? Sie habe „keine konkreten Pläne, aber Lust auf was Neues“, sagt Iris Gleickes Sprecher. Kaum zu glauben. Also, jetzt mal raus mit der Sprache! „Sie weiß es nicht, großes Indianerehrenwort.“ Immer noch nicht zu glauben. Aber immerhin, es gibt PolitikerInnen, die noch was anderes mit ihrem Leben vorhaben. Anja Maier

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