Portrait: Rechtsdraußen
Marion Maréchal-Le Pen macht nicht mehr mit. Die 27 Jahre junge Nichte der Front-National-Chefin, die in Familien- und Gesellschaftsfragen schon seit Langem noch reaktionärer als ihre Tante auftrat, kündigte am Mittwoch an, sich aus der Politik zurückzuziehen.
Die Enkelin des FN-Gründers Jean-Marie Le Pen ist wie ihre Mutter Yann und ihre Tante Marine in der Villa Montretout aufgewachsen, in der sie darauf vorbereitet wurde, eines Tages eine Rolle in der Fortsetzung der rechten Dynastie zu spielen.
Schon als 22-jährige Jura-Studentin eroberte sie 2012 im südfranzösischen Département Vaucluse auf Anhieb einen der beiden Abgeordnetensitze der Partei in der Nationalversammlung. Um sich ganz der Politik zu widmen, verzichtete sie nach dem Master-Abschluss auf die Fortsetzung ihres Studiums. 2015 wurde sie auch Mitglied des Regionalrats der Provence-Alpes-Côte d’Azur. In dieser Hochburg wurde sie schnell die wichtigste Exponentin des FN. Intern ist sie eine Vertreterin des identitären Flügels, der die sozialpolitische Demagogie der letzten Jahre weitgehend ablehnt und eine Rückbesinnung auf die „klassischen“ Themen der Nationalisten fordert.
Im Unterschied zu ihrer Tante Marine ist Marion seit ihrer Zeit in einer traditionalistischen Privatschule praktizierende Katholikin. Das erklärt ihre Meinungsverschiedenheiten, wenn es um Themen wie Homo-Ehe, Abtreibung und künstliche Befruchtung geht. Sie war zudem sehr schockiert, als das Magazin L’Express enthüllte, dass der FN-Politiker Samuel Maréchal nicht ihr leiblicher Vater ist, sondern der 2014 verstorbene Journalist (und Ex-Geisel im Libanon) Roger Auque. Dieser persönliche Hintergrund macht es verständlich, wenn sie heute sagt, ihr Hauptinteresse gelte nun ihrer Tochter Olympe und einer beruflichen Neuorientierung.
Dass dies ihr letztes Wort ist, bezweifeln jedoch die französischen Medien. Im Gegenteil wird spekuliert, dass Marion Maréchal-Le Pen nach der Niederlage der FN-Präsidentschaftskandidatin auf Distanz geht, um einen neuen Anlauf zu nehmen und selbst die Parteiführung zu übernehmen. Der Segen des Großvaters wäre ihr gewiss. RUDOLF BALMER
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