piwik no script img

PortraitGrenzenloser Provokateur

Nicht nur französischen Journalisten, auch Kollegen der europäischen Medien war Robert Ménard bekannt als Sprecher der Organisation Reporter ohne Grenzen, die er 1995 in Frankreich mitgegründet hatte. Über Jahre machte er sich einen Namen als kompromissloser Verteidiger der Meinungsfreiheit in den Medien der Welt.

Heute nimmt er sich als Bürgermeister von Béziers in Südfrankreich eher grenzenlose Freiheiten heraus. Im kommunalen Mitteilungsblatt und jetzt auch noch mit öffentlichen Plakaten („Achtung, sie kommen!“) heizt er die Stimmung gegen Flüchtlinge aus Syrien an. Er scheut sich nicht, für seine Propaganda Fotomontagen zu verwenden, auf denen der Eindruck erweckt wird, die Flüchtlinge würden explizit eingeladen, nach Béziers zu kommen, wo sie ein vermeintliches Paradies mit allen Sozialleistungen erwarte.

Der frühere Internationalist möchte heute als politischer Weggefährte des Front National (FN) möglichst scharf überwachte Grenzen. Und den Plan der Regierung, in seiner Stadt ein Heim für 40 Flüchtlinge einzurichten, betrachtet er als Zumutung und als „Dolchstoß“ für seine Renovierungspläne.

Dabei stammt er selbst von jenseits des Mittelmeers. Er kam 1953 in Algerien zur Welt und sympathisierte wie viele ausgesiedelte Algerienfranzosen bei der Unabhängigkeit mit der prokolonialistischen Untergrundarmee OAS. Eigentlich aber wollte er Priester werden, entschied sich dann unter dem Eindruck der Jugendrevolte 1968 radikal um, studierte Philosophie und engagierte sich politisch erst bei den Anarchisten, dann bei den Trotzkisten und ab 1979 bei den Sozialisten.

Das war vor seiner scharfen Wende zurück ins Lager der reaktionären Rechten. Schon vor 2010 ging er auf Distanz zu seinen früheren linken Mitstreitern, die er 2011 mit seinem Buch „Vive Le Pen!“ noch überraschte. Seither nähert er sich weiter dem FN an. Offiziell ist er nicht Mitglied der Partei, doch er verdankt seine Wahl zum Bürgermeister der Unterstützung der Rechten. Den FN überholt er in der Flüchtlingsfrage sogar spielend rechts. Als ehemaliger Journalist weiß er, wie man mit Provokationen Schlagzeilen macht. Rudolf Balmer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen