piwik no script img

PortraitDer Koch ohne Argwohn

Das Echo ist riesig. Hunderte Menschen haben ihm in den vergangenen Wochen eine E-Mail geschrieben, sagt Andrew E. Onuegbu. Die Schreiber loben den Kieler Gastronomen, sagen, er habe Eier und, dass Deutschland mehr Menschen wie ihn bräuchte. Die Schreiber haben keine Lust mehr auf politische Korrektheit. Sie wollen lieber Neger- statt Schaumkuss sagen. Von dem 42-Jährigen erhoffen sie sich dafür die Absolution. Denn der gebürtige Nigerianer Onuegbu hat eine schwarze Hautfarbe – und er hat sein Restaurant „Zum Mohrenkopf“ genannt, freiwillig.

„Ich bin der Auffassung, dass in Deutschland vieles übertrieben wird“, sagt der Familienvater. Er wünscht sich mehr Humor in der Debatte um Sprache und Rassismus. „Ich verstehe nicht, warum sich die Deutschen aufregen, wenn wir Schwarze das locker nehmen.“ Bisher hätten sich seine Gäste nie an dem Namen gestört. Sie kämen wegen des guten Essens.

In Onuegbus Karte stehen deutsche Gerichte: Scholle Finkenwerder Art, Büsumer Krabbensuppe oder Rehragout. Sein Restaurant hält sich gegenüber der Ostseehalle seit acht Jahren. Die Debatte brach aber erst nach einem Artikel im Süddeutsche Zeitung Magazin los.

„Mohr ist kein Schimpfwort“, sagt Onuegbu. Seiner Meinung nach war es im Mittelalter eine Auszeichnung für gute Küche. Rassistische Konnotationen blendet er aus. Genau wie bei jedem anderen Begriff. Der Koch lehnt kein Wort per se ab – auch nicht Neger. Rassismus zeige sich in den Handlungen, nicht in der Sprache.

Onuegbu kam vor 23 Jahren nach seinem Abitur nach Schleswig-Holstein. Eigentlich wollte er Rechtsanwalt werden. Stattdessen fand er einen Job bei einem Fischhändler, arbeitete sich später in einem Restaurant von der Küchenhilfe zum Beikoch hoch und hängte eine Ausbildung zum Koch dran. „Meine Chefin sah, dass ich mehr konnte, als Steaks braten.“ Von einem eigenen Restaurant hat er lange geträumt, der Name „Zum Mohrenkopf“ lag schon in seiner Schublade. „Der Name passt“, sagt Onuegbu, „schließlich bin ich ein Mohr.“ Dass er für diese Aussagen auch Beifall aus der rechten Ecke bekommt, ist ihm egal: „Die Leute haben mir nichts getan.“ rea

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen