Portrait: Kompromißfigur der Zukunft
■ Hu Jintao
Zwar ist der Weg an die Spitze von Chinas Kommunistischer Partei lang, doch der Aufsteiger Hu Jintao scheint jede Abkürzung zu kennen. Schon heute gilt er als möglicher Nachfolger von Staats- und Parteichef Jiang Zemin, dessen Amtszeit im Jahr 2002 abläuft.
Hus überraschende Berufung zum neuen Vizepräsidenten Chinas ist ein weiterer Beweis dafür, daß auf ihn größere Aufgaben warten. Zwar ist der neue Posten eher zeremoniell, doch eine wichtige Ergänzung für seine Rolle im Politbüro.
Hu blickt auf eine steile Karriere zurück: Ohne Politbüromitglied gewesen zu sein, wurde er im Oktober 1992 überraschend in den heute siebenköpfigen Ständigen Ausschuß des Politbüros berufen. Den Sprung hatte er Deng Xiaoping zu verdanken, der das Machtgremium verjüngen wollte. Nach dem Tod des Reformarchitekten war Hu auch das einzige Mitglied des Ständigen Ausschusses, das bei Dengs Familie war, als dessen Asche vom Flugzeug über das Meer verstreut wurde. Dies galt als Zeichen für eine große politische Zukunft.
Der 55jährige Hu Jintao ist das jüngste Mitglied im Ständigen Ausschuß. Im Dezember 1942 wurde er in Jixi (Provinz Anhui) geboren. Er studierte Wasserwirtschaft an der renommierten Pekinger Qinghua-Universität. Während der Kulturrevolution wurde er in die entlegene Provinz Gansu entsandt, wo er bis 1982 tätig war. Als Schützling von Politbüromitglied Song Ping wurde er auf der Parteischule in Peking für höhere Aufgaben vorbereitet. 1982 ins Zentralkomitee gewählt, gelang Hu 1984 der Sprung zum Leiter der Jugendliga. Nur ein Jahr später wurde er Parteichef der Provinz Guizhou. Wegen seiner Erfahrung mit der Entwicklung rückständiger Gebiete wurde er drei Jahre später nach Tibet entsandt, wo er Parteichef wurde.
Mit seiner Rückkehr 1992 nach Peking wurde Hu nicht nur in den mächtigen Ständigen Ausschuß gewählt, sondern auch Mitglied im Sekretariat des Zentralkomitees. Heute ist er für Ideologie und Organisation zuständig. Als Leiter der Parteischule sucht er Führungskader aus. Er gehört nicht zu Jiang Zemins Schanghai-Fraktion, die wegen ihres Machtzuwachses bereits innerparteilich auf Kritik gestoßen ist. Vielmehr pflegt er gute Kontakte zu allen Lagern der Partei, wodurch er sich als Kompromißfigur der nächsten Führungsgeneration empfiehlt. Andreas Landwehr, dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen