Portrait Präsident FC Barcelona: Gutmensch und Separatist
Barca-Präsident Joan Laporta propagiert die Loslösung Kataloniens von Spanien. Offenbar will er seine politische Karriere auf dem extremistischen katalanischen Flügel vorbereiten.
BARCELONA taz | An der Plaça Francesc Macià fließt der Verkehr vierspurig durch Barcelona. Auf die Idee, dort mitten auf der Straße auszusteigen, waren vor Joan Laporta noch nicht viele gekommen. Der Präsident des FC Barcelona aber sprang an der Ampel aus seinem japanischen Dienstwagen, riss von außen die Fahrertür auf und schrie inmitten von Autos seinen Chauffeur an: "Raus! Raus! Du steigst sofort aus!" Dann setzte er sich selbst ans Steuer. Der Chauffeur hatte ein wenig zu abrupt gebremst für Laportas Geschmack.
Eine Anekdote, wiegelte Laporta ab. Tatsächlich gaben solche Vorfälle einem charismatischen Präsidenten nur ein wenig Farbe. Joan Laporta, jugendliche 47 Jahre alt und Anwalt, etablierte seit seiner Wahl 2003 den FC Barcelona als Modell des Guten in der Fußballwelt. In seinem Mandat gewann Barça mit edelmutigem Fußball zweimal die Champions League. Als einziger Profiklub verweigert man die Trikotbrust Sponsoren und wirbt stattdessen gratis für Unicef.
Doch mit derselben Systematik und Courage, mit der Laporta den Klub in die erfolgreichste Zeit führte, macht er sich selbst regelmäßig zur größten Belastung seines Projekts. Während Barça, das an diesem Dienstag in der Champions League auf Dynamo Kiew trifft, sportlich weiter mit graziöser Autorität aufspielt, stürzte Laporta den Klub mit 170.000 Mitgliedern ebenso zielsicher in eine Sinnkrise.
Am 11. September, dem katalanischen Nationalfeiertag, ging Laporta bei einer Demonstration für die Unabhängigkeit Kataloniens in der ersten Reihe, die Faust in der Luft. "Hast du den Verstand verloren?", schrie ihn der Ministerpräsident der Region Kantabrien, Miguel Ángel Revilla, beim Ligaspiel in Santander an: "Du bringst den Klub in die Politik." "Ihr Spanier", brüllte Laporta da zurück, "ihr zermalmt Katalonien!"
Spätestens seit der Unterdrückung der Katalanen in der Franco-Diktatur hat sich Barça immer als Vertreter des Katalanentums definiert, als Nationalelf einer Nation ohne Staat. Doch galt es als heiliges Gebot, dass sich Klubvertreter nie politisch äußern, schon alleine weil Barças Publikum politisch divers ist. Nur 19 Prozent der Katalanen etwa sympathisieren nach Umfragen mit einer Loslösung von Spanien. Gerade Laporta hatte es wie kein anderer verstanden, in einem kuriosen Spagat Barça als Heimat der Katalanen und gleichzeitig Liebling des globalen Publikums zu etablieren. Er hielt sich prinzipiell an die politische Schweigepflicht.
Allenfalls ließ er verstohlen die spanische Flagge vom Trainingsgelände entfernen, nur um dann gleich wieder nach Bosnien oder Kamerun aufzubrechen, um Barça als humanitäre Kraft einzubringen. Nun aber endet sein Mandat 2010, ein Präsident darf nach zwei Amtszeiten nicht wieder gewählt werden, und Laporta will offenbar seine politische Karriere auf dem extremistischen katalanischen Flügel vorbereiten.
Mit seiner plötzlichen Separatistenshow hat er das tolerante Image und den sozialen Frieden des Klubs zerstört. Vor allem Barças Millionen spanische Fans sind brüskiert. Die Bars in der Stadt ließen sie nicht einmal mehr die Poster für die Barça-Weihnachtslotterie aufhängen, meldet der Fanklub Zamora aus dem Westen Spaniens. Sie seien nun "Scheiß-Katalanen".
Nicht zum ersten Mal setzte Laporta für sich selbst die ethnischen Maßstäbe aus, die er Barça gab. So billigte er, dass Barças Generaldirektor vier Präsidiumsmitglieder von Detektiven ausspionieren ließ. Die vier wollen Laportas Kandidaten für seine Nachfolge nicht mittragen. Andere Merkwürdigkeiten sind nie untersucht worden. Warum etwa bezahlte Barça 25 Millionen Euro Ablöse für zwei Brasilianer, Henrique und Keirrison, die ganz offensichtlich nicht Barças Niveau haben und auch nie für Barça spielten, sondern sofort ausgeliehen wurden, Henrique zunächst vergangenes Jahr an Bayer Leverkusen. Ein Sinn für Barça ist in den Transfers nicht zu erkennen - es sei denn, jemand im Klub wollte sich Geld abzweigen. Laporta hat die Transfers bewilligt.
Und trotz alledem ist Laporta ein wegweisender Präsident. Er traf visionäre Entscheidungen, wie den unerfahrenen Pep Guardiola zum Trainer zu machen. Außerdem schaffte er es, die Hooligans aus dem Stadion zu verbannen. Nun läuft er Gefahr, dass sein Wirken von Kontroversen übertüncht wird. Er möchte sie gerne Anekdoten nennen. "Ach, diese Vorfälle wie der mit dem Chauffeur", sagte er. "Am Ende sind wir doch zusammen ins Stadion gefahren. Er auf dem Beifahrersitz, ich am Steuer."
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