Portrait Gert Lindemann: Aigners Widersacher
Ihren ehemaligen Staatssekretär Gert Lindemann setzte Bundes-Agrarministerin Ilse Aigner vor knapp einem Jahr vor die Tür. Jetzt wird er Agrarminister in Niedersachsen.
Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) fühlte sich am Wochenende nicht zu Unrecht von Niedersachsen hintergangen. Während sie die Arbeit der Lebensmittelüberwachung des Bundeslandes lobte, lagen dort Informationen über die Ausweitung des Dioxinskandals vor. Ein Futtermittelbetrieb aus Vechta hatte Lieferungen falsch deklariert.
Hätte Niedersachsen derzeit einen Landwirtschaftsminister, wäre die Informationspanne vielleicht ausgeblieben. Doch der neue Minister Gert Lindemann (CDU) tritt sein Amt erst morgen an. Seine Vorgängerin Astrid Grotelüschen, Befürworterin von Massentierhaltung und Lohndumping-Vorwürfen ausgesetzt, war Mitte Dezember zurückgetreten. Während der Vakanz ist Umweltminister Hans-Heinrich Sander für das Agrarressort mit zuständig - der Freidemokrat ist nicht gerade als großer Aufklärer bekannt.
Nun soll es also Lindemann richten. Der 63-Jährige ist gelernter Jurist und war Richter. 1979 begann er als Referent im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium. 2003 wurde er dort Staatssekretär. Zwei Jahre später wechselte er als Staatssekretär ins Bundeslandwirtschaftsministerium. Lindemann unterstand dort ab November 2008 Ilse Aigner, bis die ihn vor einem Jahr vor die Tür setzte. Die Gründe wurden nie ganz geklärt. Möglicherweise war Lindemann seiner Chefin zu mächtig.
In Niedersachsen waren die Reaktionen auf den neuen Minister unterschiedlich. Während der Landvolkverband von einer "guten Wahl" sprach, nannten die Grünen Lindemann einen "Mann der alten Schule", der auch für die Massentierhaltung stehe.
Zu tun bekommt er genug. Er muss das von seiner Vorgängerin zerschlagene Porzellan kitten und vor allem im Dioxin-Saustall für Ordnung sorgen. In Niedersachsen sind immer noch hunderte Höfe gesperrt. Schwierig dürfte der Job auch wegen des angespannten Verhältnisses zu Aigner werden. Als diese am Wochenende ohne Nennung von Namen personelle Konsequenzen in Niedersachsen forderte, giftete Lindemann zurück: "Über das niedersächsische Personal wollen wir in Niedersachsen gern alleine entscheiden."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern