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Portrait Fritz DinkhauserDer querdenkende Tiroler Patriarch

Als Anführer einer Bürgerliste konnte Fritz Dinkhauser bei den Landtagswahlen die Dominanz der ÖVP im katholischen Tirol brechen - und Anspruch auf den Landeshauptmannsessel angemeldet.

"Der siebente Zwerg von links": Fritz Dinkhauser. Bild: rtr

Vor sieben Jahren hatten ihn ÖVP-Granden noch verhöhnt. "Ich lasse mich nicht beeindrucken, weil der siebente Zwerg von links Kritik übt", schnauzte der damalige Fraktionschef Andreas Khol ins Mikrofon des ORF. Jetzt hat "der siebente Zwerg" Fritz Dinkhauser, der die "soziale Kälte" des damaligen österreichischen ÖVP-Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel beklagt hatte, seine Partei das Fürchten gelehrt. Als Anführer einer Bürgerliste konnte er bei den Landtagswahlen am Sonntag die Dominanz der ÖVP im katholischen Tirol brechen. Aus dem Stand erreichte er 18,3 Prozent und wird zweite Kraft im Landtag.

Dinkhauser, der seine Volksnähe durch kerniges Tirolerisch zu unterstreichen sucht, ist ein klassischer Populist. Er versteht es, Probleme auf den Punkt zu bringen und sich durch Reiben an den Mächtigen zu profilieren. Als ehemaliger Landesmeister im Hammerwerfen ist er im Umgang mit groben Klötzen geübt.

Als zweifacher Olympiateilnehmer (1968 und 1972) im Bobfahren wurde er schon jung populär. Und als Träger des Verdienstkreuzes des Landes Tirol kennt in seinem Bundesland jeder. So konnte er auch 1991 den Vorsitz des Landesverbandes der Arbeiter- und Angestelltenkammer (AK), einer traditionellen roten Hochburg, erobern.

Dinkhauser hat seine ÖVP-Mitgliedschaft nicht zurückgegeben, hätte aber ein Bündnis mit SPÖ und Grünen einer Koalition mit seinem Rivalen, dem ÖVP-Landeshauptmann Herwig van Staa, vorgezogen. Wenn van Staa seinen Sessel räumen muss, damit die ÖVP weiter regieren kann, ist das nicht zuletzt Dinkhausers Verdienst.

Dinkhauser kämpft seit langem gegen die Dominanz des ÖVP-Bauernbundes in der Politik an. Längst entspricht der Einfluss der Landwirtelobby nicht mehr dem Gewicht der Bauernschaft. Agrargemeinschaften, die zum Zwecke des Landschaftsschutzes in den 1960er und 1970er Jahren Grundstücke übertragen bekamen, errichteten dort hochprofitable Skilifte oder umstrittene Mülldeponien. Dagegen wendet sich Dinkhauser. Der Hahnenkampf zweier älterer Egomanen steht also auch für den Machtkampf der ÖVP-Bünde um die Vorherrschaft in Tirol. Seit Dinkhauser seine Kandidatur gegen die eigene Partei offiziell gemacht hat, wird er von der Propagandamaschinerie der Landes-ÖVP verunglimpft. Man wirft ihm vor, in der AK selbstherrlich agiert und Betriebe in den Ruin getrieben zu haben. Seine liberale Einstellung in der Asylpolitik wird als "Ausländer-rein-Politik" desavouiert. Dinkhauser hat jetzt den Anspruch auf den Landeshauptmannsessel angemeldet. Dieser Karrieresprung wird ihm wohl versagt bleiben.

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