Portrait Erwin Huber: Der Unrücktretbare
Erwin Huber sorgte als bayerischer Finanzminister für ein Millardenloch bei der BayernLB. Jetzt hat er einen neuen Job: Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.
Der Mann, der Bayerns Wirtschaft retten will, hatscht auf seinen kurzen Beinchen Richtung Sitzungssaal. Er trägt einen dunklen Anzug, ein weißes Einstecktuch. Erwin Huber, 62, von der CSU hat sich feierlich angezogen. Und auf einmal ist alles wie früher: Huber lächelt steif und spricht in gestelzten Sätzen, die nichts sagen. Warum er sich das antut, fragt ein Journalist. "Es ist wichtig, dass man seine Kompetenzen optimal einbringt", sagt Huber, der vor gerade einmal einem Monat wegen mangelnder Kompetenz als Landesfinanzminister zurücktreten musste.
Seit Donnerstag ist Huber wieder da. Er wurde zum Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses im bayerischen Landtag gewählt. Der in all seinen Jobs zuletzt so unbeholfen wirkende Ex-CSU-Parteichef, Ex-Finanzminister und Ex-Landesbank-Verwaltungsratschef soll nun helfen, die kriselnde bayerische Wirtschaft wieder anzukurbeln. Eine echte Herausforderung für den Stehauf-Politiker. Denn als Finanzminister hat er mit seinem planlosen Agieren im Landesbank-Desaster dafür gesorgt, dass das Land nun 10 Milliarden Euro Schulden aufnehmen muss. Für eigentlich jetzt nötige ehrgeizige Hilfen an die bayerische Wirtschaft ist kein Geld mehr übrig.
Es gab Momente in den vergangenen Wochen, da schien Huber endlich ausgebrochen zu sein aus dem sturköpfigen, rechthaberischen Provinzpolitiker-Wahnsinn. Er sprach auf einmal öffentlich über seine Fehler. Beim CSU-Parteitag sagte er voller Demut: "Ich weiß, dass ich die Erwartungen nicht voll erfüllen konnte." Huber hätte loslassen können, sich würdevoll in den Ruhestand verabschieden. Doch er ließ sich von der CSU zum Ausschusschef und wirtschaftspolitischen Sprecher im Landtag machen. Das sind kleine Posten, eher etwas für junge Aufsteiger, nichts für Ex-Parteichefs.
Als die Abgeordneten in dem kleinen Sitzungssaal im bayerischen Landtag ihre Hände für den neuen Vorsitzenden Huber heben sollen, bleibt eine unten. Ausschussvorsitzende werden stets einstimmig gewählt, so ist es Brauch unter den Parteien. Aber ein Grünen-Abgeordneter verweigert seine Zustimmung. Zu oft habe Huber beim Landesbank-Debakel die Unwahrheit gesagt, meint der. Ein peinlicher Moment für Huber. Doch der nimmt das gar nicht wahr.
"Das Ziel, das wir gemeinsam haben, ist klar", sagt er zu den Abgeordneten, "die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Bayern." Die Bedingungen seien schwierig, die Tagesordnung der nächsten Sitzung randvoll. Auf einmal weicht Hubers steifes Grinsen einem gelösten Lächeln. Er hat wieder eine Aufgabe und schaut beseelt wie ein Kind vorm Weihnachtsbaum.
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