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PorträtDerstille Retter

Da, wenn der HSV ihn braucht: Torwart Jaroslav Drobný Foto: dpa

Ein Freund der großen Gesten ist er nicht. Als Jaroslav Drobný am Freitagabend den Elfmeter von Claudio Pizarro gehalten hatte, nahm er den Ball auf wie ein Buchhalter seinen heruntergefallenen Bleistift. Keine geballte Faust, kein rausgebrüllter Triumph. Einfach Abschlag und weitermachen.

Dass der Torwart seinem HSV damit wohl den Weg in die dritte Relegation in Folge erspart hatte, war in dieser Szene nicht zu erkennen. Schon in der ersten Halbzeit hatte Werder Bremen sich an Drobný die Zähne ausgebissen. Auch vor Anthony Ujahs 1:2-Anschlusstreffer hatte Drobný zunächst stark abgewehrt. Und die beiden Tore des anderen HSV-Retters, Pierre-Michel Lasogga, hatte ebenfalls die Hamburger Nummer 1 eingeleitet, mit präzisen Abschlägen.

An der 1 auf seinem Rücken kann man sehen, wofür der heute 36-jährige Drobný geholt wurde, im Jahr 2010. Es gehört zum normalen HSV-Irrsinn, dass der Verein nur zwei Jahre später mit René Adler einen weiteren Top-Torhüter holte, obwohl Drobnýs Vertrag noch lief. Der siebenmalige tschechische Nationalspieler galt damals als Auslaufmodell, als unmoderner Torwart, der zwar auf der Linie kaum zu bezwingen ist, aber fußballerische Defizite hat. Eine Art Anti-Manuel-Neuer.

Und wenn dann ein großer Name wie René Adler auf den Markt kommt, wer sollte da zugreifen, wenn nicht ein gefühlt großer Club wie der HSV? Dass man sich zwei hoch bezahlte Keeper nicht leisten konnte, fiel irgendwie erst später auf. Es wurde spekuliert, ob Drobný gehen müsse. Er blieb, bis zum Vertragsende – und dann verlängerte er. Zweimal sogar. Und das war vielleicht das Beste, was dem HSV passieren konnte.

Drobný kämpfte, errang seinen Stammplatz zeitweilig zurück, trat aber vor allem ohne zu Murren in die zweite Reihe zurück, als er ihn wieder verlor. Vielen gilt er als bester zweiter Torwart der Bundesliga. Er hält den Druck auf René Adler hoch. Vor allem aber ist er auf den Punkt da, wenn der häufig von Verletzungen geplagte Adler ausfällt. Gegen Werder Bremen hat Drobný ihn bereits zum achten Mal in dieser Saison vertreten – diesmal wegen Rotsperre.

Dass der HSV überhaupt noch in der ersten Liga spielt, verdankt er ebenfalls Jaroslav Drobný: Vor zwei Jahren, beim Relegations-Rückspiel in Fürth, waren die Hamburger in der Nachspielzeit stehend K.o. und Drobný verhinderte mit zwei Glanzparaden den Abstieg.

Nun muss Drobný den HSV womöglich an anderer Stelle retten: Die Bild-Zeitung berichtet, er solle schon in der kommenden Saison die heruntergekommene zweite HSV-Mannschaft trainieren – obwohl sein Profivertrag noch ein Jahr läuft. Man ahnt, dass Drobný sich in sein Schicksal fügen würde. jank

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