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Pornos als Geschäftsgeheimnis

■ Videothek in der Bänschstraße verdient am Tabu / P 18 / Schlappe 10 Mark pro Tag und Kassette

Da bekommt also jemand ein Gewerbe samt Räumlichkeiten zugesprochen, die auf den verheißungsvollen Namen „Videothek“ ausgeschrieben werden. So geschehen in der Berliner Bänschstraße 72. Mal ungeachtet der Tatsache, daß hierzulande die entsprechenden Rekorder nicht annähernd so oft wie Bügeleisen in den Haushalten präsent sind, eine verständliche Geschäftsinitiative.

Denn DDR-BürgerInnen lassen sich zehn Jahre nach dem sensationellen Video-Boom im Westen nachträglich von jeglicher Art dieses Mediums begeistern. Seien es nun Musikclips oder Filmversionen. Doch beides gibt es in besagtem Laden gewissermaßen nur so nebenbei. Kinoklassiker älteren oder auch jüngeren Datums sucht man gar vergeblich. Dafür sind Science-Fiction-, Kriminal- und Abenteuerproduktionen von der amerikanischen Film -Konfektionsstange mehr als überhaupt genießbar im Angebot.

Doch auch sie scheinen nur Alibi zu sein, um das eigentliche Geschäftsgeheimnis etwas mehr zu verhüllen: Pornokassetten. Scheinbar wie zufällig stehen die Regale im traulichsten Winkel der Videothek. Beim Verleih werden zwar Personalien notiert, doch Diskretion ist selbstredend zugesichert. An der Eingangstür heißt es im gewohnten Kino -Slang: „P 18“.

Der Verdienst am sich ewig reproduzierenden Tabu ist lukrativ, das Interesse von ganzen Herr-Scharen kann vorausgesetzt werden. Nicht, weil Frauen möglicherweise prüder sind, sondern weil die Titel-Auswahl maßlos unproportional für die holde Manneslust getroffen wurde. Schlappe 10 Mark kostet die erregende Dienstleistung pro Kassette und Tag, 27 für drei pro Tag. Zwei Drittel Rabatt wird für „Club„-Mitglieder gewährt, von denen es bereits einige Dutzend gibt.

Den Wert von Pornos wissenschaftlich zu begründen, soll hier nicht versucht werden. Daß die veränderten Verhältnisse im Lande sich jedoch mit dieser institutionalisierten Neuerung einführen, ist ein bedenkliches Omen.

Lea Kramer

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