Sabine am Orde über den Populismus der Union
: Billige Eindimensionalität

Tagtäglich kann man es derzeit fast lesen, in Interviews oder den so­zia­­len Netzwerken: Die Union – mal in Person von Markus Söder oder Julia Klöckner, zuletzt von Christina Stumpp, Vize-Generalsekretärin der CDU – gibt der Ampel die alleinige Schuld am Umfragehoch der AfD. Doch auch die ständige Wiederholung dieser These macht sie nicht richtig. Denn die Gründe für die besorgniserregenden 17 Prozent für die AfD in den Umfragen sind vielfältig. Und die Union hat durchaus ihren Anteil daran.

Zunächst: Der größte Sprung in den Umfragen gelang der AfD nicht in den vergangenen Wochen, sondern bereits Mitte 2022. Da war die Verunsicherung angesichts von Energieknappheit, Inflation und drohendem Wirtschaftsabschwung groß. Der AfD ist gelungen, dies für sich zu nutzen, obwohl die Ampel mit ihren Sozialpaketen vieles richtig machte und im Winter einen Energienotstand verhindert hat.

Die derzeitige Performance der Ampel allerdings dürfte der AfD wirklich helfen. Eine zerstrittene Regierung, die die Bür­ge­r*in­nen mit kommenden Lasten verunsichert, ist für die Rechtsradikalen eine Steilvorlage. Die Ampel hat es nicht geschafft, die sozialen Ängste aufzufangen, die mit der Debatte um das Heizungsgesetz freigesetzt worden sind. Und soziale Ängste in Wut gegen das Establishment und Zustimmung für sich selbst zu verwandeln, das ist eine der Kernkompetenzen der AfD.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Union hat im Zusammenspiel mit der Springer-Presse viel dafür getan, dass Sorgen, Ängste und Wut wuchsen. Dass die AfD derzeit weiter dazugewinnt, dürfte auch an der Debatte über Migration liegen, die derzeit von der Union kräftig angeheizt wird. Probleme zu benennen ist notwendig und richtig. Diskussionen über Zäune, eine Beschränkung des Grundrechts auf Asyl und ein Infragestellen der Genfer Flüchtlingskonvention aber sind populistisch und legitimieren die Positionen der AfD.

Meint die Union es in ihrer Sorge um die hohen Zustimmungswerte für die AfD ernst, muss sie ihren Kurs überprüfen. Und die Ampel sich zusammenraufen. Sonst droht spätestens bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr in Ostdeutschland ein Debakel – für alle Demokrat*innen.