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Polizeivideo gegen CybergroomingClip warnt vor Gefahren im Netz

Zum Beginn der Gamescom will die Polizei darüber aufklären, wie leicht Kinder Opfer von sexueller Gewalt im digitalen Raum werden können.

Mit knalligen Farben will die Polizei Jugendliche zu Umsicht im Internet erziehen Screenshot: fhpolbb

Berlin taz | Eine vierköpfige Familie auf dem Spielplatz. Plötzlich steht ein junger Mann da und fragt die Kinder, ob sie mit ihm nach Hause gehen. Später sitzt der Mann an einem Computer, in einem Onlinespiel gibt er sich als Zwölfjähriger aus und fragt das Kind auf der anderen Seite nach einem Messenger, um Bilder zu tauschen.

Das alles passiert in einem Videoclip, den man neuerdings auf YouTube sehen kann. Der Clip ist auf den ersten Blick nichts Besonderes: typische Comic-Figuren, einfache Bildsprache, unterlegt mit einlullendem Elektrosound. Aber der Clip will etwas Besonderes: darüber aufklären, wie leicht Kinder und Jugendliche Opfer von sexueller Gewalt in der realen Welt, vor allem aber im digitalen Raum werden können.

Fast 70 Prozent der 10- bis 13-Jährigen und 27 Prozent der 6- bis 9-Jährigen besitzen laut der Kinderschutzorganisation Innocence in Danger (IID) ein Smartphone. Fast die Hälfte der 6- bis 7-Jährigen, die einen Computer für die Schule und zum Spielen nutzen, sucht wöchentlich nach Schulthemen im Internet. Das hat die Langzeitstudie Kinder und Medien vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest herausgefunden. Manche Kinder und Jugendliche laden selbst regelmäßig Kurzfilme im Netz hoch.

Der selbstverständliche Umgang von Kindern im Netz kann gefährlich sein. 40 Prozent der jungen Internet-NutzerInnen werden laut IID sexuell belästigt. Die Täter machen sich vor allem über Onlinespiele an ihre Opfer heran.

Neue Spiele sind ein gefundenes Fressen für Täter*innen

Wie sie sich schützen und was Eltern tun können, will das neue vierminütige Video zeigen. Produziert wurde es vom Kriminologen Thomas-Gabriel Rüdiger von der Polizeifachhochschule Brandenburg und Konstanze Marx, Linguistik-Professorin am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Die beiden sind Profis im Bereich Cybermobbing, Cybergrooming, dem Anbahnen sexueller Kontakte im Netz, sowie für Cybersicherheit.

Das Video wurde in den ersten zwei Tagen im Netz bereits 50.000-mal geteilt

Sie sind keine Digital-Artists. Das merkt man dem Clip an: Er ist didaktisch, manche Sätze wirken steif und gestelzt, einige Formulierungen klingen wie Professorenprosa. „Egal“, sagt Rüdiger: „Wichtiger ist, dass der Clip zur Auseinandersetzung mit der Mediennutzung von Kindern sowie zu den Kommunikationsrisiken in Online­games anregt.“ Und: Es ist das erste Video zu den Gefahren für Kinder im Netz, das eine Polizeibehörde produziert hat. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist bewusst gewählt.

Wenn am 22. August in Köln die Spielemesse Gamescom startet, wird der Markt mit neuen Spielen überspült. Für Täter ein gefundenes Fressen. Will man die potenziellen Opfer und ihre Eltern warnen, gelingt das eher mit Netzformaten, glaubt Rüdiger. „Ich bin mir nicht sicher, ob man bei der Debatte über Mediennutzung viel erreicht, wenn man auf einer Messe einen Stand aufbaut, Flyer und seitenlange Berichte verteilt“, sagt er. Der Clip wurde in den ersten zwei Tagen im Netz bereits 50.000-mal geteilt.

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