Polizeiübergriff auf Iran-Demonstranten: "Eine schlimme Demütigung"
Die Polizei hat sich von der iranischen Botschaft einspannen lassen, als sie den Protest von Regimekritikern beendete, sagt Tahereh Lindhorst. Sie wurde dabei verletzt.
taz: Frau Lindhorst, Sie liegen seit Freitag im Krankenhaus. Wie geht es Ihnen?
Tahereh Lindhorst: Mir geht es nicht gut. Ich habe immer noch sehr starke Schmerzen im Rücken. Aber heute kam die gute Nachricht, dass es doch keine Wirbelsäulenfraktur ist, sondern eine Prellung. Um sicherzugehen, wurde eine Computertomografie gemacht. Aber ich muss noch bis Ende der Woche im Krankenhaus bleiben.
Der Vorfall hat sich am Freitag vor der iranischen Botschaft in Dahlem ereignet. Was haben Sie davon mitbekommen?
Wir standen mit Plakaten vor der iranischen Botschaft. Auf einem stand auf Persisch und Englisch "Nieder mit der islamischen Republik". Auf einmal kamen Polizisten. Es hieß, das Plakat muss weg. Einige von uns haben das Plakat festgehalten. Die Polizisten haben es mit Gewalt weggenommen. Ich habe gesehen, wie ein Polizist eine Frau in den Schwitzkasten genommen hat. Später, als wir gehen wollten, hat uns die Polizei nicht gehen lassen. Polizisten sind zwischen die Leute gesprungen. Ein junger Mann ist auf den Boden geworfen worden. Ich habe immer gerufen: "Was ist los? Was ist los?" Ich wollte verhindern, dass die Situation eskaliert. Da waren ja auch Beamte mit Hunden.
Was passierte dann?
Ich habe irgendetwas in den Rücken bekommen. Ich weiß nicht, was. Inzwischen habe ich gehört, dass ein Film von einem Kameramann aufgetaucht ist. Darauf soll man sehen können, wie ein Polizist mich von hinten schlägt und so schubst, dass ich zuerst in die Luft fliege und dann auf den Boden.
Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben am Freitag - dem internationalen Tag der Menschenrechte - vor der iranischen Botschaft in Dahlem protestiert. Unter anderem hielten sie ein Transparent hoch mit der Aufschrift "Nieder mit der Islamischen Republik". Offenbar nach Rücksprache mit Botschaftsmitarbeitern forderte die Polizei die Demonstranten auf, das Plakat zu entfernen. Daraufhin kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. Teilnehmer sprechen von einem brutalen Übergriff der Sicherheitskräfte, wodurch acht Menschen verletzt wurden.
Die Berliner Polizei ermittelt nun wegen Körperverletzung im Amt gegen unbekannt, sagte ein Sprecher am Montag. Wie viele Polizisten überprüft werden sollten, blieb unklar. Vom Dienst sei kein Beamter suspendiert worden.
Tahereh Lindhorst hat wegen schwerer Körperverletzung Anzeige erstattet. Die Menschenrechtsorganisation Code (Color Of Democratic Election) und das Komitee zur Unterstützung der politischen Gefangenen im Iran berichten, die Polizei habe auf Demonstranten eingeschlagen und eingetreten.
Der Vorfall wurde laut Augenzeugen von der Polizei gefilmt. Offenbar gibt es auch ein Video eines Demonstranten, das im Internet publiziert werden soll. (dpa, taz)
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Tahereh Lindhorst, 57, ist Sozialarbeiterin. Die Exiliranerin lebt seit 1977 in Berlin.
Für ihr soziales Engagement für Flüchtlinge wurde sie in den 90ern vom Land Berlin ausgezeichnet.
Die Beschlagnahmung des Plakats durch die Polizei war offensichtlich rechtswidrig. Wie erklären Sie sich das Verhalten der Beamten?
Das kann ich mir nicht erklären. Wir demonstrieren mehrmals im Jahr vor der Botschaft. Die Parole ist immer die gleiche. Das war eine angemeldete Aktion. Wir haben gegen keine Gesetze verstoßen. Das Einzige war, dass einige von uns das Transparent festgehalten haben. Ich war in Berlin schon auf vielen Demonstrationen, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Die Polizei hat sich von den Botschaftsangehörigen zum Handlanger machen lassen, gegen das Plakat vorzugehen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir fordern vollständige Aufklärung. Das Schlimmste für mich ist die Demütigung: dass ich von Polizisten eines demokratischen Staates vor der iranischen Botschaft misshandelt worden bin. Das macht mich traurig, aber auch sauer. Diesen Triumph gönne ich der islamischen Regierung nicht. Viele unsere Freunde sitzen im Iran im Gefängnis, weil sie ihre Meinung gesagt haben. Erst vor drei Wochen sind wieder 49 Menschen hingerichtet worden.
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