Polizeigewalt in St. Louis:
Weißer Beamter tötet Schwarzen
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Polizeigewalt in St. Louis: Weißer Beamter tötet Schwarzen
Im US-Bundesstaat Missouri wurde ein 18-Jähriger von einem weißen Polizisten erschossen. Danach kam es in der Stadt zu Ausschreitungen.
Nach den tödlichen Schüssen in St. Louis.
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Chicagoafp | Die Polizei in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri hat am Mittwoch einen 18-jährigen Schwarzen erschossen. Die Polizei teilte mit, der junge Mann habe zuvor mit seiner Waffe auf die Beamten gezielt. Kurz darauf versammelten sich Demonstranten am Ort der Schüsse, es kam zu Zusammenstößen. Neun Menschen wurden festgenommen.
Wie die Lokalzeitung St. Louis Post-Dispatch berichtete, richtete der 18-Jährige eine Pistole auf zwei weiße Polizisten, die einen Durchsuchungsbefehl gehabt hätten. Daraufhin hätten die beiden weißen Beamten das Feuer eröffnet und ihn getötet.
Über Twitter erklärte die Polizei, die Pistole des Erschossenen, die über ein besonders großes Magazin verfügt habe, sei gestohlen gewesen. Bei Ermittlungen nach den tödlichen Schüssen wurden laut Dotson drei weitere gestohlene Schusswaffen gefunden.
Nach dem Tod des 18-Jährigen kam es am Mittwochabend zu Zusammenstößen in St. Louis. Demonstranten hätten Flaschen und Ziegelsteine auf die Sicherheitskräfte geworfen und eine Kreuzung blockiert, erklärte Polizeichef Sam Dotson. Die Gewalt einer Gruppe von Demonstranten habe sich nicht nur gegen die Polizei gerichtet, sondern gegen die Nachbarschaft. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt, erklärte Dotson weiter. Nach neun Festnahmen sei wieder Ruhe eingekehrt.
Jahrestag Ferguson
Am 9. August 2014 erschoss ein weißer Polizist den unbewaffneten, schwarzen Michael Brown in der US-Kleinstadt Ferguson. Beamte forderten ihn auf, den Gehweg zu benutzen, es kam zum Streit. Der 18-Jährige streckte die Arme in die Höhe, trotzdem schoss mindestens ein Beamter mehrfach. Ein Jahr später versammeln sich die BürgerInnen der Stadt am damaligen Tatort. Die Eltern Browns liegen sich trauernd im Arm.
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Hunderte von Menschen gehen beim Protestmarsch am Todestag Michael Browns durch die Straßen, beten und halten Schweigeminuten ab. Die Botschaft: Black Lives Matters.
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Rick Wilking/reuters
Erst zwei Tage zuvor wurde erneut ein unbewaffneter, schwarzer junge Mann, Christian Taylor, von einem weißen Polizisten erschossen – diesmal in Texas. Die Polizei spricht von einer „folgenschweren Fehleinschätzung“.
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11. August 2015: Fuck you – Die Menschen protestieren gegen die Polizeigewalt und kämpfen für ihr Recht, am Leben zu bleiben. Es werden Flaschen und Steine auf Beamte geworfen. In Ferguson patroulliert die weiße Miliz „Oath Keepers“ schwerbewaffnet, mit Sturmgewehren, schusssicheren Westen und Tarnkleidung durch die Straßen. Nach eigenen Angaben wollen sie „den Frieden in der Stadt“ sichern.
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Lucas Jackson/reuters
Die Eltern von Michael Brown in Trauer um ihren Sohn. Der erste Autopsiebericht ergab, dass er von mindestens sechs Kugeln getroffen wurde, davon zwei in den Kopf.
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Unmittelbar nach der Tat strömten die Bürger von Ferguson auf die Straßen. „Hands Up, Don’t Shoot“, riefen sie – der Spruch wurde zur Protestparole. Die Nachtwachen und Proteste für die Aufklärung des Falls und eine Bestrafung des Polizisten, der auf Michael Brown geschossen hat, dauerten in der Kleinstadt mehrere Tage und Nächte an.
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Die Demonstrationen nahmen ein solches Ausmaße an, dass Ferguson zur militarisierten Zone wurde. Hochgerüstete Cybercops patrouillierten mit Gewehren im Anschlag durch das Städtchen. Mit den Anschlägen vom 11. September 2001 und der Aufrüstung der US-Streitkräfte begann auch die Hochrüstung lokaler Polizeien mit Militärausrüstung.
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Auch in anderen US-Städten fanden Solidaritätsdemonstrationen statt, so wie hier auf dem New Yorker Union Square. Nach großem öffentlichen Druck wurde der Name des Polizisten veröffentlicht, der auf Brown geschossen hat...
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...Es ist Darren Wilson. Das Foto zeigt den Beamten kurz nach der Tat bei einer Untersuchung der Verletzungen, die er sich bei der Auseinandersetzung mit dem unbewaffneten Brown zugezogen haben will.
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Der Generalstaatsanwalt vom St. Louis County, Bob McCulloch, trat in Clayton, Missouri, vor die Presse. Er teilte mit, dass die Große Jury – bestehend aus neun Weißen und drei Schwarzen – sich gegen die Erhebung einer Anklage gegen Wilson entschieden hat. Die Indizien würden dafür nicht ausreichen, so ihre Begründung.
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Hunderte von Menschen haben sich zu dem Zeitpunkt vor dem Polizeigebäude in Ferguson versammelt. Dass Wilson nicht angeklagt wird, erfüllte sie mit Wut. Erneut kam es hier zu Protesten, diesmal gegen die Jury-Entscheidung. Sie münden in gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Protestlern und Polizei. Hier wird ein von Beamten aufgegebenes Fahrzeug bearbeitet.
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Und wieder zeigen sich Menschen in vielen anderen Städten der USA solidarisch und tragen ihren Ärger über die Jury-Entscheidung ebenfalls auf die Straße. In der nordwestlichen US-Stadt Seattle zum Beispiel findet am Abend des 24. November eine Sitzblockade statt.
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Der Fall „Michael Brown“ ist alles andere als ein Einzelfall von weißer Polizeigewalt in den USA gegenüber Schwarzen.
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Rick Wilking/reuters
Am 21. Juli 2014 stehen viele Kerzen an der Gedenkstätte für Eric Garner in Staten Island. Der 43-Jährige starb bei einer Festnahme – New Yorker Polizisten hielten ihn im Schwitzkasten. „I cannot breathe“ rief Garner, bevor er das Bewusstsein verlor. Die Stadt einigt sich im Juli 2015 außergerichtlich mit der Familie und zahlt ihr 5,9 Millionen Dollar.
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Der 25-jährige Freddie Gray wird am 12. April 2015 bei seiner Festnahme in Baltimore im Bundesstaat Maryland so schwer an der Wirbelsäule verletzt, dass er eine Woche später stirbt. Zeitungen zitieren später aus dem unveröffentlichten Autopsiebericht, dass Grays Tod kein Unfall gewesen sei. Ein Geschworenengericht klagt die sechs beteiligten Polizisten an.
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Am 10. Juli 2015 wird die „Black Lives Matter“-Aktivistin Sandra Bland festgenommen, weil sie mit ihrem Auto die Spur wechselt, ohne zu blinken. Ein Video zeigt, wie Polizist Brian Encinia die junge Frau stoppt, sie anschreit, mit dem Taser bedroht, fesselt und gewaltsam zu Boden ringt. Drei Tage später stirbt sie in ihrer Gefängniszelle – angeblich hat sie sich selbst erhängt.
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Das ist Cornelius Pettus, ein Shop-Besitzer aus Los Angeles. Er versucht den brennenden Nachbarladen zu löschen. Es ist die erste Nacht der Unruhen von Los Angeles 1992 – die Demonstranten protestieren auf den Freispruch von vier Polizisten, die mit Stockschlägen und Fußtritten gegen den schwarzen Rodney King vorgingen. 53 Menschen sterben während dabei.
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Am 22. November 2014 spielt der 12-jährige Tamir Rice auf einem Spielplatz in Cleveland mit einer Softair-Pistole herum. Anwohner alarmieren die Polizei. Auf dem Video einer Überwachungskamera ist zu sehen, dass die beiden Polizisten wenige Sekunden nach ihrer Ankunft auf Tamir Rice schießen. Der erliegt am folgenden Tag seinen Verletzungen.
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Jackie Vanderbilt (2. v. l.) und Pat Logan demonstrieren hier gegen das Urteil im Fall George Zimmerman. Ein Gericht in Florida sprach den Wachmann frei. Er hatte im Februar 2012 auf den schwarzen Teenager Trayvon Martin geschossen, nachdem dieser einen Lebensmittelladen verlassen hatte. Danach entbrennt eine Debatte über rassistisches Profiling und Selbstjustiz.
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Am 4. April 2015 erschießt der weiße Polizist Michael Slager in North Charleston (South Carolina) nach einer Verkehrskontrolle Walter Scott. Er habe sich bedroht gefühlt, Scott habe ihm seinen Taser weggenommen, beteuert Slager. Ein Video beweist aber: Der Polizist feuert in den Rücken des flüchtenden Scott, legt dem Sterbenden sogar Handschellen an.
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Am frühen Donnerstagmorgen veröffentlichte die Polizei dann Videoaufnahmen von den Zusammenstößen. Darauf sind Demonstranten zu sehen, die Steine und Wasserflaschen auf Sicherheitskräfte werfen, die sich hinter Schutzschilden verschanzen. Auf Twitter waren Bilder von patrouillierenden Polizisten sowie einem verlassenen Gebäude zu sehen, das in Flammen aufging. In der Nacht wurden der Polizei zudem mehrere Einbrüche und ein in Brand gestecktes Fahrzeug gemeldet.
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Ein Video zeigt die Gewalt eines weißen Beamten gegen eine junge schwarze Schülerin. Der Polizist ist schon vorher auffällig gewesen. Nun wird ermittelt.
Panzerfahrzeuge und Hunde: Die Polizei von Ferguson habe überzogen auf die Proteste nach dem Tod Michael Browns reagiert, so ein Bericht des Justizministeriums.
"Die Polizei teilte mit, der junge Mann habe zuvor mit seiner Waffe auf die Beamten gezielt.... Die Pistole des Erschossenen, die über ein besonders großes Magazin verfügt habe...."
Naja, vielleicht war´s auch ein Dampfbügeleisen mit besonders großem Wassertank.
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