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Polizeigewalt am 1. MaiMildes Urteil, kurzer Prozess

Ein Polizist, der am 1. Mai 2008 einen taz-Journalisten geschlagen hat, ist zu einer Mindestgeldstrafe verurteilt worden. Staatsanwaltschaft und Gericht verzichten auf ein öffentliches Verfahren.

Manch einer war am 1. Mai 2008 nicht zimperlich. Zumindest ein Polizist muss jetzt dafür zahlen. Bild: AP

Der Polizeibeamte, der den taz-Redakteur Bert Schulz am 1. Mai 2008 ins Gesicht geschlagen hat, ist verurteilt worden. 90 Tagessätze wegen Körperverletzung im Amt, lautet der Richterspruch. Das Urteil erging nach Angaben eines Justizsprechers bereits im vergangenen Oktober. Es erfolgte per Strafbefehl, das heißt, es gab keine mündliche Gerichtsverhandlung. Der Geschädigte, Schulz, erfuhr davon nichts. Auch nicht davon, dass der Fall seit Anfang Februar durch Rechtskraft des Urteils abgeschlossen ist.

Das rasante Vorgehen der Justiz lässt in Strafverteidigerkreisen vermuten, dass man den Fall offenbar ohne Öffentlichkeit schnell vom Tisch haben wollte. Denn so viel ist gewiss: Eine mündliche Gerichtsverhandlung wäre von einem großen Medienaufgebot begleitet gewesen. Schließlich hatten am 1. Mai gleich zwei taz-Journalisten die Fäuste von Polizisten zu spüren bekommen.

Bert Schulz, Chef vom Dienst, und Gereon Asmuth, Leiter der Berlin-Redaktion, waren am 1. Mai in Kreuzberg unterwegs, um die Ereignisse zu beobachten. Nach dem Vorfall auf der Skalitzer Straße hatten Schulz und Asmuth Strafanzeige gegen die unbekannten Beamten wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Amt erstattet. Im Fall von Asmuth ist das Verfahren jetzt eingestellt worden, weil kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte. Die Begründung der Staatsanwaltschaft flatterte dem Leiter der Berlin-Redaktion letzte Woche in Form eines ausführlichen Schreibens ins Haus.

Anders im Fall von Schulz. Der erfuhr vom Ausgang des Verfahrens von Amts wegen überhaupt nichts. Auch nicht, dass der schlagende Beamte von Polizeikollegen identifiziert worden war. Er wurde auf Polizeivideos von der Tat daran erkannt, dass er einen besonderen Ausrüstungsgegenstand dabei hatte. "Dabei handelte es sich um Pfefferspray", so Justizsprecher Michael Grunwald zur taz.

Dadurch, dass der Prozess auf schriftlichem Weg durch einen Strafbefehl abwickelt wurde, wurde Schulz die Möglichkeit genommen, als Nebenkläger aufzutreten. In einem Verfahren vor Gericht hätte Schulz zudem einen Antrag auf Schadenersatz für die erlittene Köperverletzung stellen können. Bei einem "Adhäsionsverfahren" wäre die zivilrechtliche Forderung in dem Strafprozess gleich miterledigt worden. Jetzt müsste der taz-Redakteur vor ein Zivilgericht ziehen, um Schmerzensgeld für seine blutige Nase und geschwollene Lippe geltend zu machen.

Dass Verfahren per Strafbefehl abgewickelt werden, ist nichts Besonderes. "Das ist aber eher die klassische Art, kleine Verfahren zu erledigen, oder wenn Prominente angeklagt sind, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen", sagt der langjährige Strafverteidiger Hans-Joachim Ehrig. Bei Verfahren wegen Körperverletzung im Amt sei das eher unüblich. Wenn es überhaupt mal zur Anklage komme, so Ehrigs Erfahrung, setzten sich die beschuldigten Polizisten gegen den Vorwurf in einem mündlichen Prozess zur Wehr, statt die Anklage in einem Strafbefehl wie im vorliegenden Fall kleinlaut zu akzeptieren. Ehrig ist überzeugt, dass um den Fall kein Aufheben gemacht werden sollte. Warum sonst sei die Öffentlichkeit nicht über den Ausgang informiert worden?

Nicht nur der Medienrummel blieb dem 27-jährigen Beamten erspart, auch beim Strafmaß kam er billig davon. 90 Tagessätze seien das denkbar mildeste Urteil, das bei einer Körperverletzung im Amt herauskommen könne, sagt Peter Zuriel, Vorsitzender der Vereinigung Berliner Strafverteidiger. "Erst ab 91 Tagessätzen erfolgt ein Eintrag ins Führungszeugnis."

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8 Kommentare

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  • MK
    Marco Krüger

    Erschreckend ist hierbei ja auch noch, dass dieser Beamte angeblich nun sogar befördert wird bzw einen Aufstieg in den gehobenen Dienst ermöglicht bekommt! Das scheint innerhalb der Polizei also garnicht sanktioniert zu werden, eher im Gegenteil.

  • A
    Andrea

    Mein Sohn wurde auch Opfer einer Polizeigewalt. Natüßrlich haben wir Anzeige ertstattet und wie o.g. natürlich auch Gegenanzeige mit Verhandlung wegen Wiederstand gegen die Staatsgewalt. Es exestiert allerdings ein Video das alles wiederlegen kann. Natürlich wird dieses Video 100 % verschwunden sein, denn unser RA erhielt aus dem Video nur Abzüge in Form von Bildern. Auf diesen Bildern ist kein Fehlverhalten meines Sohnes zu erkennen. Er wurde einmal aufgefordert zu gehen und ist diesen nicht nachgekommen. Er stand Karneval mit mehren Leuten zusammen und ca. 5 m. weiter wurde einer Festgenommen. Nachdem er nicht weggegangen ist wurde ihm der Kopf bis zur Bewußtlosigkeit nach hinten gedreht und unter Zeugen brutal behandelt. Aufgeplatzte Lippe Finger verstaucht, Nackenwirbel überdehnt und noch so einiges. Er wurde verhaftet und eingesperrt. Er ist 17 Jahre alt und mir wurde nur am Telefon gesagt, er hat zuviel getrunken und deshalb in Verwahrung. 1,0 Promille kam dann später raus. Also nur ein dummer Vorwand. Ich durfte auch nicht zu meinen Sohn, sie würden sich nach 3 Stunden melden dann könnte ich ihn abholen. Wurde aber nach 1,5 Stunden freigelassen.Wollte mir dann später das Verhaftungsprotokoll zeigen lassen, es gab leider keins. Habe sofort Anzeige erstattet mal sehen, wie unsere Gesetzte ticken. Im September ist Verhandlung. Ich denke mal, das Opfer wird bestraft die drehen sich das so zurecht. Aber wir kämpfen. wir haben sogar einen Plichtverteidiger gestellt bekommen, da die Rechtslage ziemlich verzwickt ist. Wir lassen uns überraschen.

  • I
    ISI

    Ich wurde vor einem jahr opfer von einer Polizeigewalt.Ich habe die"Schläger in Uniform" angezeigt.Und was ist Passiert,ich sitze selber jetzt in der Anklagebank,aber die Schläger in Uniform nicht.Wie üblich Richter und Statsanwalt steht an die Polizei seite.Wie es aussieht werde ich auch Ordentlich bestraft.Von Opfer bin ich jetzt leider Täter geworden.Schade Deutschland...

  • R
    Renegade

    Man merkt, dass das Gewaltmonopol bei Vater Staat gut aufgehoben ist. Und wie schön die Gewaltenteilung funktioniert. Und natürlich, dass die ehrwürdige Polizei sämtlich aus Freunden und Helfern besteht, an die man sich vertrauensvoll wenden kann, wenn man seine Grundrechte in Gefahr sieht.

     

    Solche Erfahrungen & Urteile stärken immerhin das Vertrauen in die Wehrhaftigkeit unserer tollen "Demokratie". Weiter so!

  • C
    casper

    Das Thema Polizeigewalt wird in der öffentlichen Berichterstattung ungern thematisiert. Auch die TAZ hält sich hier gerne zurück. Dieses Problem muss intensiv thematisiert werden, vorallem in Anbetracht der zunehmenden Militarisierung der Polizei.

  • V
    vic

    "Rechts-Staat" BRD.

    Protektion um jeden Preis für Staatssicherheit und Rechte Gewalttäter.

  • K
    Kommentator

    Tut mir leid für die beiden Journalisten wegen der Schläge von den Schergen.

     

    Der Vorfall erklärt aber wohl auch, dass hier bei der taz das grassierende Problem Polizeigewalt - ekoppelt mit Zwei-Klasen-Justiz -endlich mal ankegekommen ist.

    Weiter so mit der Berichterstattung!

     

    Zynismus: Vielleicht braucht es noch etliche verprügelte Journalisen mehr, um das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen.

     

    Mythos "Freund und Helfer" in die Tonne kloppen!

    Kennzeichnungspflicht, vermummungs- und Bewaffnungsverbot sowie Rechtsgleichheit auch für Staats-Schläger.

  • HK
    Heiko Kokemoor

    Das Geschehene ist leider nichts neues. Körperverletzung durch Polizisten wird meist, wenn überhaupt, nur sehr milde bestraft. Manchmal bekommt der oder die, der die Strafanzeige stellt, einen Gegenanzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt.

    Nun, der Staat deckt seine Schläger, wo er nur kann, die willfähige Justiz ist gern behilflich.

    Die Mitglieder dieser Paralelgesellschaft sind eine der größten Gefahren für unsere Gesellschaft.

    Viel größer als so mach andere, uns alltäglich gepredigte "Bedrohung".

    Die Prominenz der Verfassungsfeinde macht dem kleinen Beamten vor, wohin der Zug gehen soll.

    Ich nenne das Ziel "Obrigkeitsstaat", es gibt viele Namen.

    Auch dieser Vorfall, so unbedeutend er aus der globalen Perspektive zu sein scheint, warum der Westen, die "freie Welt", von vielen als Bedrohung und Hort der Verlogenheit gesehen wird.

    Ohne eine gewisse Ehrlichkeit, der Fähigkeit zur Selbstkritik und dem Ablegen des unerträglichen prolligen Hang zur Selbstbeweihräucherung wird das Experiment "Demokratie und Menschenrechte" in Deutschland und anderen "demokratischen" Staaten schneller Schnee von gestern sein, als wir uns träumen lassen.