Polizei und Journalisten im Wendland: Presse auf die Fresse

Die Polizei im Wendland ist nicht nur rabiat gegen Aktivisten vorgegangen. Auch Journalisten hat sie teils massiv an ihrer Arbeit gehindert. Davon wissen will aber niemand.

Ein Fotojournalist wird bei Metzingen nicht durchgelassen. Bild: Roland Geisheimer / Attenzione

HITZACKER taz | Entschuldigend reagiert die Polizeidirektion Lüneburg auf Berichte über Übergriffe und Behinderungen von Journalisten beim Castortransport. "Sollte es im Einsatzgeschehen für Journalisten zu unangenehmen Situationen gekommen sein, bedauern wir das", sagte Sprecher Michael Oettel am Sonntag der taz.

Der taz sind gleich mehrere Vorfälle bekannt, bei denen Journalisten im Wendland durch Einsatzkräfte behindert, bedroht oder angegangen wurden. So berichtet etwa der Fotojournalist Timo Vogt, er sei am Samstag beim Versuch, hinter eine Polizeikette zu gelangen, zunächst von einem Polizisten geschubst und dann mit dem Visier des Helmes ins Gesicht gestoßen worden. Vogt trug eine Wunde samt Prellung davon. "Das war Absicht", sagt er.

Ein taz-Journalist berichtet von Drohungen mit Knüppeln, Beleidigungen wie "Verpiss Dich, Du Arschloch" und Lautsprecherdurchsagen, der Wasserwerfer werde auch auf "Vertreter der Presse" schießen. Ein Fotoreporter der Nachrichtenagentur dapd fotografierte am Samstag, wie ein Polizist mit erhobenen Gummiknüppel in der Hand einen Fotografen verfolgte und trat. Sowohl Vogt als auch der betroffene taz-Journalist haben sich umgehend bei der Einsatzleitung vor Ort bzw. der Polizeipressestelle beschwert.

Dort weiß Sprecher Oettel dennoch nichts von den Vorwürfen. Ihm sei lediglich ein Fall bekannt – in dem sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass ein Journalist nicht wie behauptet durch den Schlag eines Polizisten, sondern durch einen Sturz am Kopf verletzt worden sei. "Wir sind wirklich an einer guten Zusammenarbeit mit der Presse interessiert", sagt er. Man habe das auch im Vorfeld "an die Einsatzkräfte zu transportiert." Einzelne "schwarze Schafe" könne es dennoch geben.

Auch über die spezielle Presseakkreditierung für Journalisten habe man die eigenen Leute vorab informiert. Die Polizeidirektion Lüneburg hatte Journalisten im Vorfeld aufgerufen, sich zusätzlich zum regulären Presseausweis für den Castortransport unter Angabe persönlicher Daten bei der Polizei zu registrieren - damit sie "ohne weitergehende Überprüfungen als Medienvertreter erkannt werden." Und auch Oettel spricht von einem "Service, der die Arbeit eigentlich erleichtern sollte."

Genutzt hat das weiße Schild an blauem Bändel allerdings nicht allen Journalisten. Einsatzkräfte sollen den Ausweis zum Teil nicht gekannt, zum Teil schlicht nicht berücksichtigt haben. Auch vor Übergriffen hat die Sonderakkreditierung offenkundig nicht alle geschützt. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Michael Konken, hatte bereits am Freitag eine freie Berichterstattung vom Castortransport gefordert. Journalisten hätten "einen Informationsauftrag, der insbesondere bei einem so wichtigen Ereignis nicht von der Polizei eingeschränkt werden darf."

Kritisch äußerte sich der DJV auch über einen Vorfall, bei dem die Polizei bei Metzingen die Schutzausrüstung eines akkreditierten Fotojournalisten beschlagnahmt hatte. "Es ist völlig unverständlich und nicht hinnehmbar, wenn die Polizei von akkreditierten Journalisten Schutzbekleidung, Atem- oder Kopfschutz konfisziert und damit deren Gesundheit gefährdet anstatt sie zu schützen", sagte Bernd Lammel, Vorsitzender des DJV-Landesverbandes Berlin, der taz. "Journalisten verdienen in einer solchen Situation die gleichberechtigte Schutzbedürftigkeit wie Sanitäter, Feuerwehrleute oder alle anderen Personen, die aus beruflichen Gründen vor Ort sein müssen."

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