Polizei übermalt Palästinaflagge: Soko Wand und Reichs-Farben
Eine Polizistin macht in Berlin mit einer Spraydose aus einer Palästina- eine Reichsflagge. Als Vorbild für das Übermalen dient die Hamburger Polizei.
Die Polizei kommt normalerweise nur dann ins Spiel, wenn sich jemand in seinen Eigentumsrechten verletzt sieht und sie deshalb wegen Sachbeschädigung ermittelt. Als Stadtgestalterin fehlt es ihr am Auftrag, an Kompetenz und an Personal. Es hat einen Grund, warum die Multifunktionsgürtel von Polizist:innen keine Halterung für Spraydosen haben.
Umso überraschender kommt da ein Video von einer Brücke am S-Bahnhof Schönhauser Allee daher, das seit Sonntag in sozialen Medien die Runde macht. Zu sehen ist eine Polizistin, die sich mit einer roten Dose an einem Geländer mit aufgemalter Palästinaflagge zu schaffen macht: ein schwarzer Streifen oben, ein grüner unten, in der Mitte die weiße Wand, dazu ein rotes Dreieck. Begutachtet von ihrem Kollegen, setzt die Polizistin die Dose an und übermalt das Grün.
Sie setzt keine gerade Linie, sondern sprüht einzelne Punkte, die sie dann zu einer Fläche ausmalt – ganz klarer Anfängerfehler. Das Ergebnis ist dann auch ein unsauberer, verwischter Streifen, der eher nach Kindermalerei denn nach dem Werk einer Sprayerin aussieht. Doch an dem Ergebnis lässt sich noch mehr bemängeln: Aus der einstigen Palästinaflagge ist mit der Farbkombination Schwarz-Weiß-Rot plötzlich eine Flagge des ehemaligen Kaiserreichs geworden. Diese ist zwar nicht verboten, aber als Symbol der neonazistischen Szene durchaus beliebt.
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„Aus Palästinaflagge basically Reichsflagge machen ist so deutsche Polizei“ – so die Kommentierung im Video. Für die Palästina-Szene passt der Vorfall bestens ins Bild einer rechten Polizei, die ihren Protest unterdrückt. Ob das von den beiden Polizist:innen beabsichtigt war, sei dahingestellt. Jedenfalls stehlen sie sich sofort nach getaner Arbeit auffällig unverdächtig davon.
Bislang kannte man das Phänomen malender Polizist:innen vor allem aus Hamburg – allgemein bekannt und belächelt als „Soko Wand und Farbe“. Ob beim Versuch, Wände an der Hafenstraße zu überstreichen, Namen von enttarnten verdeckten Ermittlern an der Hauswand der Roten Flora zu tilgen oder die Botschaft an den Innensenator „Andy, Du bist so 1 Pimmel“ aus der Öffentlichkeit zu entfernen – stets endet das Unterfangen im Fiasko einer blamierten Polizei und einer potenzierten Aufmerksamkeit für das zu unterdrücken versuchte Thema. Man kann nur hoffen, dass Berlins Polizei das Sprayen doch wieder den Profis überlässt.
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