piwik no script img

Polizei stoppt NeuwahlenKein Präsident für die Malediven

Eine Wahlwiederholung sollte die Regierungskrise auf den Malediven beenden, doch die Polizei hat die Wahl gestoppt. Nun ist das Land am Rande des Chaos.

Die WählerInnen auf den Malediven haben warten vergeblich auf einen neuen Präsidenten. Bild: dpa

MALÉ/NEU DELHI ap/afp/rtr/dpa| Die Polizei auf den Malediven hat die geplante Neuwahl des Präsidenten gestoppt. Sie erklärte die Abstimmung für illegal, da gegen die Wahlordnung verstoßen worden sei. Internationale Beobachter hatten die Abstimmung dagegen als frei und fair gewertet.

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl wurde vom Obersten Gericht des Landes wegen Unregelmäßigkeiten annulliert. Diese Wahl hatte der vor anderthalb Jahren gestürzte Mohammed Nasheed mit rund 45 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Polizei sagte, die Richter hätten verfügt, dass die Kandidaten die Wählerliste schriftlich bestätigen müssen. Dies habe bislang nur Nasheed getan.

Nach der geplatzten Wiederholung hat Nasheed den Amtsinhaber Mohamed Waheed Hassan zum sofortigen Rücktritt aufgefordert. Der ehemalige Präsident wirft Hassan vor, gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium und der Polizei die Wahl zu behindern. Der Parlamentspräsident solle umgehend die Regierungsgeschäfte übernehmen und Neuwahlen ausrufen, erklärte Nasheed. Seine Anhänger reagierten mit Sitzblockaden und versperrten Straßen mit Menschenketten und Autos.

Polizeichef Abdulla Nawaz erklärte, die Polizei habe aus Sorge vor Gewalt gehandelt, die als Folge einer Fortsetzung der Wahl entstehen könne. Ali Mohamed Manik von der Wahlkommission sprach von einem schwarzen Tag für die Demokratie. Die USA und Großbritannien zeigten sich besorgt.

Liberaler Nasheed als Hoffnungsträger

Die Malediven sind seit Februar 2012 in Aufruhr. Damals hatten Sicherheitskräfte und bewaffnete Demonstranten Nasheed aus dem Amt getrieben. Nasheed war nach jahrzehntelanger Herrschaft des Autokraten Maumoon Abdul Gayoom vor fünf Jahren zum ersten demokratisch gewählten Präsident ernannt worden. Im Februar 2012 trat er nach einer Meuterei der Sicherheitskräfte zurück.

Der eher liberale Nasheed galt in dem muslimischen Staat weiter als Hoffnungsträger, weil er das Land reformieren und die Einnahmen aus dem Tourismus breiter verteilen wollte. Nasheeds größter Rivale ist Abdulla Yameen, ein Halbbruder von Maumoon Abdul Gayoom, der 30 Jahre über den Inselstaat herrschte und von Menschenrechtsgruppen als Diktator bezeichnet wurde. Er hatte Einspruch gegen die Wahlen eingelegt.

Nun gibt es Angst vor einem Putsch. „Die Situation ist sehr angespannt, es herrscht viel Unsicherheit“, sagte Aiman Rasheed von der Antikorruptionsorganisation Transparency Maldives. Der große Nachbar Indien zeigte sich „ernsthaft besorgt über die Versuche, den demokratischen Prozess aufzuhalten“.

Das Oberste Gericht setzte eine neue Abstimmung bis zum 20. Oktober an. Der amtierende Präsident Mohamed Wheed forderte von der Wahlkommission, eine neue Abstimmung am kommenden Wochenende zu organisieren. Präsident Hassan schlug daraufhin den 26. Oktober als Ersatztermin vor. Bis zum 11. November muss sein Nachfolger feststehen, sonst stürzt das Land in eine Verfassungskrise.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • D
    D.J.

    Über die Bezeichnung Nasheeds als "Liberalen" kann ich mich nur wundern. Der Entzug der Staatsbürgerschaft für alle nicht im Lande geborenen Nichtmuslime Anfang 2008 wurde von ihm keinesfalls zurückgenommen. Auch unter ihm waren die Melediven einer der repressivsten islamischen Staaten; Religionsfreiheit existiert nicht einmal auf dem Paper. Naheed forcierte ebenso die Schariatisierung des Landes. Dass es noch üblere Gesllen gibt, macht ihn noch keinesfalls zum Liberalen.

    Wäre übrigens zu hoffen, dass wenigstens einigen der ignoranten westlichen Touristen, die sich bisher einen Dreck um die Realitäten des Landes geschert haben, die Augen geöffnet werden.