Polizei kontra Flüchtlinge: Operation Lampedusa
Die Hamburger Polizei kontrolliert gezielt libysche Kriegsflüchtlinge. Zehn Menschen in Gewahrsam genommen.
Die Polizei hat am Freitag in einer Sonderaktion libysche Flüchtlinge aus der Lampedusa-Gruppe kontrolliert, die im Winter mit italienischen EU-Papieren in Hamburg gestrandet sind. Vorübergehend wurden zehn der Afrikaner in Gewahrsam genommen.
An der St.-Pauli-Kirche, in der 80 Flüchtlinge übernachten, und an weiteren Treffpunkten in mehreren Stadtteilen haben Polizisten gezielte Personenkontrollen durchgeführt, um die Männer einer Registrierung zu unterziehen. 50 Polizisten waren bei dieser Aktion im Einsatz. „Das ist eine Amtshilfemaßnahme für die Ausländerbehörde, um die Illegalen zu erfassen“, sagte Polizeisprecher Holger Vehren.
Frank Reschreiter, SPrecher der Innenbehörde, verteidigt die Aktion gegenüber der taz als Akt der Humanität. Die Innenbehörde habe stets gesagt, dass sich jeder Asylbewerber einer Einzelfallprüfung unterziehen müsse, so Reschreiter. Das gelte auch für diese Gruppe. Die „Intensivierung der Personenkontrollen“ bedeute für die Lampedusa-Flüchtlinge, „aus der Illegalität zu kommen“, sagte Reschreiter.
Pastor Sieghard Wilm von der St. Pauli-Kirche kritisierte die Polizeiaktion. "Das ist doch zynisch", sagte er der dpa. "Letzte Woche haben wir noch die vielen Toten beim Untergang eines Flüchtlingsbootes beklagt, und heute werden traumatisierte Überlebende gehetzt."
Auch die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Antje Möller nannte das Vorgehen ungeheuerlich. „Nach so vielen Monaten Aufenthalt ist das ein politisch unerträgliches Handeln.“ Der SPD-Senat solle lieber den Dialog suchen und für die Gruppe eine Bleiberechtslösung suchen.
„Die Kontrollen und die Ignoranz setzen eine Haltung fort, die kaltherzig, unbarmherzig und gegen die Solidarität der vielen Menschen aus St. Pauli ist“, sagte auch die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider.
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