Polizei droht mit Räumung von besetztem Platz: Da warens plötzlich zwei

Freunde der Bauwagengruppe Zomia gründen Dependance und besetzen freies Areal in Bahrenfeld. Senat stellt Strafantrag und lässt Polizei zur Räumung auffahren.

Idyllischer Platz auf Zeit: Zomia und Freunde nehmen Areal in Besitz. Bild: Hendrik Doose

Nachdem die angeblich so aufnahmewillige rot-grüne Mehrheit in der Bezirksversammlung Altona dem von der Räumung bedrohten Wilhelmsburger Bauwagenplatz lediglich einen Behelfsplatz am Holstenkamp anzubieten wusste, suchte sich Zomia am Mittwoch einfach selbst eine geeignete Freifläche.

Mit zehn Wagen besetzte die Gruppe ein Grundstück in der Schützenstraße Ecke Leverkusenstraße in Bahrenfeld und konnte dort bis zu 200 UnterstützerInnen begrüßen. Am Abend musste sie das Areal wieder verlassen, nachdem die Räumung angedroht worden war.

"Wir hatten uns schon vor zwei Wochen überlegt, ein Transparent ,Welcome Zomia' anzubringen", sagt eine Anwohnerin, als sie am Mittag die Bauwagen-Leute erspäht. Auch die Lebensmittelhändlerin freut sich offenbar über die neuen Nachbarn.

"Endlich kommt hier wieder ein bisschen Leben in die Straße", sagt sie mit Blick auf ein Banner in den Bäumen - "Häuser und Plätze denen, die sie bewohnen." Daneben hängen die Konterfeis des Bezirksamtsleiters Mitte, Markus Schreiber (SPD), und des rechtspopulistischen ehemaligen Innensenators Ronald Schill. "Zeiten ändern sich", steht darüber - "Politiker nicht".

Das städtische Gelände direkt neben dem ehemaligen Bauwagenplatz Schützenstraße ist frei, seit hier vor zwei Jahren das Verwaltungsgebäude einer Fischfabrik abgerissen wurde. Verwaltet wird es vom Immobilien-Management der Finanzbehörde. Die hat bislang keinen Investor finden können, der gemäß Bebauungsplan "störendes und produzierendes Gewerbe" dort betreiben möchte.

Just am Abend vor der Besetzung hatte nach eigenen Angaben der Bauausschuss des Bezirks Altona mitgeteilt bekommen, dass eine Kfz-Werkstatt Interesse an der Fläche angemeldet und von der Bezirksverwaltung einen Vorbescheid bekommen habe.

"Das heißt noch nicht, dass da tatsächlich gebaut wird", so Robert Jarowoy, Abgeordneter der Linksfraktion und Vorsitzender des Bauausschusses, beim abendlichen Besuch auf dem Platz. Kurz zuvor war den Anwesenden mit Räumung gedroht worden, hatte die Polizei schweres Räumgerät in Stellung gebracht. "Das ist eine politische Entscheidung im Rathaus, die ich nur zu überbringen habe", sagte Bauwagenbeauftragter des Bezirks Altona, Klaus Meyer.

Aus Sorge um ihre Fahrzeuge entfernten die Bauwagenbewohner sie vom Gelände. Eine kurzfristig angemeldete Kundgebung untersagte die Polizei mit der Begründung, es handele sich um Privatgelände.

Sie stellte sich damit gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge auf städtischen Grundstücken das Versammlungsrecht uneingeschränkt Anwendung findet. "Sie dürfen nur Richtung Holstenkamp ziehen und da wohnen Sie dann", wies der Polizei-Einsatzleiter die Wagenleute an. Nach längeren Verhandlungen durfte doch noch ein Demonstrationszug in Richtung Schanzenviertel ziehen.

Innensenator Michael Neumann (SPD) bedauerte am Nachmittag gegenüber der taz, dass es "zu dieser Eskalation gekommen ist". Er hoffe auf eine friedliche Lösung "auf Grundlage des Altonaer Vorschlags, einen Platz am Holstenkamp zur Verfügung zu stellen".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.