piwik no script img

Politskandal in ChinaSturz wegen Sex

Wende im Skandal um den ehemaligen chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai: Neben Korruption werden ihm nun auch Sexualdelikte vorgeworfen.

Dem früheren KP-Spitzenpolitiker Bo Xilai wird nun doch der Prozess gemacht. Bild: dapd

PEKING taz | Im Skandal um den gestürzten Spitzenpolitiker Bo Xilai gibt es eine überraschende Wendung. In den zentralen Abendnachrichten des chinesischen Staatsfernsehens verlas der Nachrichtensprecher am Freitagabend eine Erklärung der Führungsspitze.

Aus der geht hervorgeht, dass der frühere Politstar nicht nur aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen wird und sich "sehr bald" vor der Justiz zu verantworten habe. Neben schwerer Korruption und Machtmissbrauch werden dem früheren KP-Chef der 30-Millionenstadt Chongqing auch „ungebührliche sexuelle Beziehungen“ zu mehreren Frauen zu Last gelegt.

Beobachter hatten erwartet, dass nach den Verurteilungen seiner Gattin Gu Kailai und des ehemaligen Chongqinger Polizeichefs Wang Lijun, in der Affäre vorläufig Ruhe einkehrt. Gu war im August wegen Mordes an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood in einem Schnellprozess zum Tode verurteilt worden.

Über viele Jahre hinweg hatte Gu mit Heywoods Hilfe illegal Vermögen ins Ausland geschafft. Die chinesische Öffentlichkeit erfuhr von dem Skandal erst, nachdem der damalige Polizeichef Wang in das US-Konsulat geflüchtet war – aus Furcht vor dem Bo-Clan. Ein Volksgericht verurteilte Wang Anfang der Woche zu 15 Jahre Haft wegen Staatsverrats.

Bo selbst, der seit seiner Absetzung Ende März an einem unbekannten Ort versteckt gehalten wird, blieb strafrechtlich bislang verschont. Vermutet wurde, die Führung wolle um jeden Preis verhindern, dass höchste Parteiämter an sich beschädigt werden.

„Macht missbraucht“

Nun trifft es den einstigen Hoffnungsträger der Partei aber doch. Dabei galt Bo ein Sitz im Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem eigentlichen Machtzentrum der Volksrepublik, bereits als sicher. In der Affäre um den Mord an Heywood habe Bo „schlimme Fehler begangen“ und seine „Macht missbraucht“, hieß es in der Erklärung. Dafür habe er jetzt „große Verantwortung“ zu tragen.

China steht in diesem Herbst erstmals seit zehn Jahren vor einem Führungswechsel. Mehr als 2.000 Delegierte der regierenden kommunistischen Partei sind aufgerufen, auf dem am 8. November beginnenden 18. Parteitag die neue Spitze abzusegnen. Der konkrete Termin des Parteitages ist ebenfalls seit Freitag bekannt. Dass der Parteitag erst im November stattfindet und nicht wie vermutet im Oktober, lässt vermuten, dass Bo noch vor dem Parteitag der Prozess gemacht werden könnte.

Um Stabilität in der autoritären Einparteiendiktatur zu suggerieren, hatte die Parteiführung auf einen reibungslosen Führungswechsel gehofft. Der Skandal um Bo offenbarte jedoch, dass es innerhalb der Parteispitze überhaupt nicht rund läuft, sondern massive Richtungskämpfe stattfinden. Bo gehörte einem linkskonservativem Lager an, das eine verstärkte Rückkehr zum Staatssozialismus der Mao-Ära fordert und damit für einen noch stärkeren Staat steht.

Die Gegner hingegen plädieren für Reformen zu noch mehr Marktwirtschaft. Der bereits gesetzte künftige Staatspräsident Xi Jinping und sein künftiger Premierminister Li Keqiang werden dem Flügel der Reformern zugerechnet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • B
    beowulf23

    @Marcus

     

    Bo ist nicht nur, sondern vor allem wegen Korruption und Machtmißbrauch angeklagt. "Sexualdelikte" (Das aufsuchen oder vermitteln von Prostituierten ist in China illegal und eine Straftat!)ist nur einer von vielen Punkten die ihm vorgeworfen werden.

     

    Die TAZ(und wahrscheinlich noch andere westlichen Medien) stürzen sich auf den Punkt, da natürlich "sex sells" gilt.

  • M
    Marcus

    Es geht vermutlich darum keinen Funktionär wegen Koruption verurteilen zu müssen. Im endefeckt könnte deswegen ja fast jeder in höheren und mitlären Parteifunktionen abgeurteilt werden. Andererseits sollte Bo auch nicht so davonkommen. Seine Politischen Gegner sahen die Chanse ihm loszuwerden und auch seine Freunde waren mit sicherheit nicht davon begeistert das durch seine Fahler das US-Konsulat involviert wurde. Also hat man in den vergangenen Wochen nach einer Möglichkeit gesuch ihm abzuurteilen ohne das Tabu Koruption übermäßig zu betonen.

  • G
    gustav

    Bo Xilai scheint eine unsolide Person zu sein

    und China braucht kluge, besonnene Führer.

    Ich finde das Vorgehen Chinas richtig!

    Denn das Gebaren von Bo Xilai läßt

    auf Unberechenbarkeit, Jähzornigkeit,

    Machtsucht und Verstrickung in Korruption schließen.

    Das sind alles Eigenschaften von politischen

    Führern, die zum Untergang von Nationen

    geführt haben. Freilich kann man auch zu einem

    solchen Verhalten verführt werden, aber

    man darf sich dieser Verführung nicht ergeben.

    Natürlich darf Bo Xilai nicht für seine

    Ehefrau mit haften müssen, aber die Erkenntnisse

    über ihn und sein Verhalten in einer

    provozierten Krise, zeigen eben grobes

    Fehlverhalten in Ausnahmesituationen.

    Er ist nicht gut genug!

  • J
    JadotA

    Wenn schon „Sturz wegen Sex“, dann dürfen wir doch erfahren, mit wem? Und wie? Mit welchen Praktiken…

  • IN
    Ihr Na

    was soll den bitter der titel, "sturz wegen sex"? hat die taz jetzt endgültig Bild Niveau? Zudem: der artikel behandelt die Bo Xilai Geschichte sehr oberflächlich. schade. statt "stabilität" zu suggerieren, geht es hier wie schon in anderen fällen (z.B. bürgermeister von shanghai) um interne machtkämpfe zwischen den einzelnen lagern in der partei, und diese zu vertuschen, bringt wenig, da jeder Chinese weiss um diese verschiedenen fraktionen in der partei.