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Politologin über die Krise der Demokratie„Linkspopulismus ist die Alternative“

Die Politologin Chantal Mouffe über die Agonie der Großen Koalition, den neoliberalen Modernisierungskurs der SPD und die Schwierigkeiten eines neuen linken Projekts.

„Es geht darum, einen Diskurs zu konstruieren, der ImmigrantInnen und ArbeiterInnen mit einschließt.“ – Protest in Madrid. Bild: reuters
Interview von Jasper Finkeldey

taz: Frau Mouffe, in Deutschland regiert seit Kurzem eine Große Koalition. Was bedeutet dies für die politische Streitkultur?

Chantal Mouffe: Ich glaube nicht, dass eine Große Koalition gut für die Demokratie ist. Aber Koalitionen sind nicht einfach eine arithmetische Frage. Eine linke Koalition hätte eines politischen Projekts bedurft. Vielleicht ist im Moment kein linkes Projekt möglich, da das Problem tiefer sitzt.

Inwiefern?

Wir brauchen Parteien mit unterschiedlichen Programmen und echten demokratischen Alternativen. Im Moment erleben wir eher eine postpolitische Situation, die sich in einer Krise der repräsentativen Demokratie ausdrückt.

Wovon leiten Sie das ab?

Viele Protestbewegungen, die wir in letzter Zeit gesehen haben, gingen von Menschen aus, die sich nicht mehr repräsentiert fühlen. Ein Slogan der Indignados in Spanien war: „Wir haben eine Stimme, aber wir haben keine Wahl.“ Und das ist es, was ich meine. Der Unterschied zwischen Mitte-links und Mitte-rechts ist wie die Auswahl zwischen Coca-Cola und Pepsi-Cola.

Jasper Finkeldey
Im Interview: Chantal Mouffe

geb. 1943 in Charleroi, Belgien, ist Professorin für Politische Theorie an der University of Westminster in London. Zusammen mit Ernesto Laclau schrieb sie „Hegemonie und Radikale Demokratie“ (1985). Zuletzt erschien „Agonistics. Thinking the World Politically“ (2013) bei Verso, London.

Beschreiben Sie da nicht eigentlich die Krise des politischen Personals?

Ich glaube nicht, dass es allein eine Frage der Macht ist. Sozialdemokratische Parteien bieten keine Alternativen zur neoliberalen Hegemonie in ihren Programmen an. Ich sehe derzeit keine sozialdemokratische Partei, die sich für ein anderes Projekt starkmacht.

Dann ist es egal, welche Parteien regieren?

Natürlich ist es besser in Deutschland, wenn es jetzt einen Mindestlohn gibt. Tony Blair und Gordon Brown in Großbritannien haben auch ein paar redistributive Maßnahmen verantwortet, als sie regiert haben. Die Dinge wurden unter ihnen also ein bisschen besser. Allerdings begnügten sie sich damit, die neoliberale Globalisierung zu managen und ihr ein bisschen humaneres Gesicht zu geben. Es ist schwer zu glauben, dass die SPD etwas fundamental anderes gemacht hätte, wenn sie bei der letzten Wahl als Siegerin hervorgegangen wäre. Ein radikales Projekt kann sowieso nur auf gesamteuropäischer Ebene gedacht werden.

Europa wird doch radikal anders gedacht. Allerdings von PolitikerInnen wie Marine Le Pen und Geert Wilders oder der Alternative für Deutschland.

Hierin sehe ich ein anderes Problem der Sozialdemokratie: Sie repräsentieren nicht mehr die Arbeiterklasse. In den meisten europäischen Ländern identifizieren SozialdemokratInnen sich mit der Mittelklasse. Das ist genau jene Gruppe von Menschen, die von der neoliberalen Globalisierung profitiert. SozialdemokratInnen wollen heute Modernisierer sein. Sie halten die traditionelle Arbeiterklasse für archaisch und obsolet. Marine Le Pen hat Erfolg in Frankreich deshalb, weil sie es versteht, zu solchen Menschen zu sprechen. Das Problem ist, dass sie mit rassistischen Parolen gegen muslimische ImmigrantInnen hetzt und die SozialdemokratInnen dort keine Strategie dagegen haben. RechtspopulistInnen wissen, dass es in der Politik um Leidenschaften und Affekte geht, mit denen sich Menschen identifizieren können.

Welche Arbeiterklasse meinen Sie eigentlich?

Es gibt sicherlich kein Proletariat mehr. Aber es gibt ungelernte ArbeiterInnen, die sich nicht vom Modernisierungskurs der Sozialdemokratie angesprochen fühlen. Diese Menschen fühlen sich bedroht von der neoliberalen Globalisierung. Es geht darum, einen Diskurs zu konstruieren, der ImmigrantInnen und ArbeiterInnen mit einschließt und sich gegen transnationales Kapital und die Banken richtet. Damit wären wir beim Linkspopulismus, den ich als Alternative vorschlage.

Das hört sich so an, als ob Sie die Existenz eines Feindes, wie zum Beispiel das transnationale Kapital, bei Ihren Ausführungen zum Linkspopulismus voraussetzen.

Natürlich. Um eine kollektive Identität zu konstruieren, muss ein „wir“ von einem „sie“ unterscheidbar sein. „Das Volk“ wird immer politisch konstruiert. Dazu braucht es einen Gegner. Ich glaube aber nicht, dass soziale Bewegungen wie Occupy oder die Indignados dabei alleine erfolgreich sein können. Wir müssen anerkennen, dass die Linken heute verschiedene Anliegen haben. Ich plädiere auch nicht für die Hegemonie einer reformierten Sozialdemokratie. Ein neues linkes Projekt muss auch ökologisch sein. Ebenso kann Die Linke in Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Die Synergien all dieser Gruppierungen und Parteien müssen zusammen an der Bildung des Gemeinwillens wirken. Syriza in Griechenland ist ein gutes Beispiel hierfür.

Für mich klingt das nach einer rot-rot-grünen Koalition in der Regierung, die gemeinsame Sache mit einer 68-ähnlichen Bewegung unter einem neuen Rudi Dutschke macht ?

Ich glaube, dass zum Beispiel die Studentenproteste in Chile zeigen, dass eine solche Allianz möglich ist. Camila Vallejo ist eine charismatische Studierendenführerin, die die Kommunistische Partei dort zu einer Regierungsbeteiligung bewegt hat. Trotzdem hat die dortige KP eigene Projekte und kritisiert, wo sie es für angemessen hält.

Die Deutschen scheinen das aber nicht zu wollen. SozialdemokratInnen wollen mit Merkel regieren, die mit großem Vorsprung die Wahl gewonnen hat.

Das ist wahr, denn die Mehrheit der SozialdemokratInnen scheint damit glücklich zu sein, in eine Große Koalition zu gehen. Aber Angela Merkel könnte ein Indiz dafür sein, was ich gesagt habe. Erhält Merkel nicht vielleicht mangels wirklicher Alternative so viel Zuspruch? Die Frage ist also: Sind Menschen wirklich glücklich oder sind sie nicht einfach ein bisschen fatalistisch geworden?

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46 Kommentare

 / 
  • K
    Kaboom

    Wir erleben aktuell das Ende der Sozialdemokratie. Die Anbiederung an den neoliberalen Mainstream (die überall in Europa stattfand) hat die Sozialdemokraten überflüssig gemacht. Da es also aktuell niemand (in relevanter Größe) gibt, der die Interessen der unteren Hälfte der Gesellschaft vertritt, wird dieser Teil den Preis bezahlen. Der Todeskampf der Sozen wird unterschiedlich schnell gehen. In Krisenländern wie Griechenland wird die Sozialdemokratie in 10 Jahren so gut wie verschwunden sein. Hierzulande kann das allerdings noch 30 oder 40 Jahre dauern.

    • G
      Gast
      @Kaboom:

      Das wurde vor 30 Jahren auch schon gesagt. Es hat sich herausgestellt, dass der Kapitalismus wandelbar ist und immer wieder neue Wege findet. Mehr als sich die gesamte Linke damals je gedacht hat. (mich inklusive).

  • A
    Arne

    Aua!

    Die Dame lehrt wohl in UK und hat wahrscheinlich die Entwicklung in der BRD in ein paar Punkten aus den Augen verloren. Kann sich in Deutschland "Linkspopulismus"ohne antisemitische Strukturen entwickleln? Da wäre ich aber sehr vorsichtig.

    Schon die unappetitliche Zusammenarbeit Sarrazin-Elsässer-AfD zeigt, dass das nur nach hinten losgehen kann.

     

    Da sind auch einige Fehler drin. In der BRD sind es sicher nicht nur die zngelernten ArbeiterInnen, sondern auch jede/r ausgebildetete/r FacharbeiterIn über 50, der nicht in staatsähnlichen Betrieben wie Daimler etc. arbeitet, der nix mehr mit der SPD anfangen kann. Über 50 wartet sehr schnell auch auf jeden noch so gut ausgebildeten Facharbeiter HartzIV.

    Es fehlt in der BRD eine linke Alternative, die sich nicht automatisch mit den sicherlich berechtigten Forderungen der DDR-Bevölkerung arrangiert, wie es bei der LINKEN der Fall ist. Es fehlt aber auch eine Partei wie die niederländische SP, die lt. Umfragen heute die zweitstärkste Partei dort ist (Leider nach Wilders PVV!), die eben den Mut hat, trotzkistisch die Frage zu stellen, ob außer dem Kapital noch jemand von Zuwanderung von Arbeitskräften auf den Arbeitsmarkt profitieren kann. War die dauernde Mobilität des Arbeitnehmers nicht eigentlich die Grundidee des Kapitals, um die Arbeitskraft besser verwerten zu können für den Profit des Kapitals? Sollte eine internationale Solidarität nicht dafür sorgen, dass Zuwanderung nur dann zu begrüßen ist, wenn sie aus freien Stücken und nicht aus wirtschaftlicher Notwendigkeit erfolgt. Also, sollte eine EU statt Freizügigkeit nicht eher die Lebensumstände in den sog. Armutsstaaten verbessern?

  • A
    anarcho

    Alternative zur Alternativlosigkeit ist die Anarchie. Und die halte ich für alternativlos.

  • Wer die Gesellschaft verändern will, muss bei sich selbst anfangen. Selbst Langhans musste sich ja eingestehen, dass es wohl doch ein Leben im Falschen gibt. Der Linkspopulismus ist im Endeffekt nur ein Phantom für diejenigen, die nicht irgendwo Land erwerben und Selbstversorger werden. Wer von linker Natur ist tatsächlich bereit ein Großteil seiner Wohlfühlsphäre aufzugeben? Wer würde ein gesamtgesellschaftlichen Abbau des Lebensstandards für Nachhaltigkeit tatsächlich in Kauf nehmen? Gebe es morgen ein Referendum, es gebe sicherlich keinen so großen Mandatsanteil "linker" Dominanz wie im BT. Jede Wette.

    • @Informiert:

      Richtig, ein jeder muss zuerst bei sich selbst anfangen, wenn sich im Gesamten was ändern soll.

      Nur wie ? Einen "neuen Menschen" züchten ? Das haben schon andere versucht, mit den bekannten Resultaten.

      Nun, der Mensch ist von Grund auf ein Gewohnheits- und Bequemlichkeitstier.

      Der Mensch will mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel erreichen, aus diesem Prinzip entstand letztendlich der Kapitalismus, und das bis zum pervertierten Exzess, andere für sich arbeiten zu lassen.

      Da kommt dann auch der Bequemlichkeitsfaktor zum tragen; Lebensqualität haben wollen, möglichst ohne selber was dafür zu tun.

      Das steckt im Menschen drin, seit Urzeiten, zu sehen auch im real existierenden Sozialismus. Auf den kleinen Privatgärten der Kolchosbauern in der Sowjetunion waren die Kohlköpfe immer grösser und besser als auf den kollektiv bestellten Großfeldern des Genossenschaftsbetriebs. Der direkte eigene Vorteil wiegt im Zweifelsfall immer schwerer, wie der Vorteil für alle aus dem Gesamtsystem.

      Wenn dann noch eine Nomenklatura (oder ein Großkapitalist/Investor) die Früchte der gemeinschaftlichen Arbeit für ihren Wohlstand "abgreift", dann läuft das Arbeitskollektiv und letztendlich das Gesamtsystem vollends gegen die Wand; einer Katze der man die Mäuse wegnimmt, fängt irgendwann keine mehr.

    • C
      cosmopol
      @Informiert:

      "Selbst Langhans"

      Hach je. Das sind so die "ach stimmt ja, ich lese gerade die Kommentarspalte der Taz" - Momente.

       

      Welche*r Linke, und ich rede jetzt nicht von irgendwelchen Kommune/Eso/Tv-Knalltüten, sondern von so politisch organisierten Leuten, fordert denn einen gesamtgesellschaftlichen Abbau des Lebensstandards? Ich hör da immer Sachen wie Umverteilung, sprich der Lebensstandard der abgebaut wird ist derjenige der Menschen mit den Privatjets, Yachten und schicken Villen. Und ca. 70% der Bevölkerung kriegen eher ordentlich was dazu oder müssen zumindest weniger arbeiten.

      • G
        Gast
        @cosmopol:

        Und wieso gibt es seit 2014 Jahren denn kein sozialistisches oder kommunistisches System, in dem 70% der Bevölkerung ordentlich was dazu gekriegt haben? Vielleicht ist die Realität einer Ideologie doch etwas schwieriger als die Theorie? das ist ja das Schlimme: es gab oder gibt kein sozialistisches oder kommunistisches System auf der Welt, in das 70% der Menschen lieber hingehen würden oder weniger arbeiten müssten und gleichzeitig mehr Lebensstandard hätten.

    • G
      gast
      @Informiert:

      die zwei größten vorteile gegenüber "den linken": verpflichtende askese, radikaler kommunismus

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @Informiert:

      "Wer von linker Natur ist tatsächlich bereit ein Großteil seiner Wohlfühlsphäre aufzugeben?"

       

      Du meinst damit doch wohl den herkömmlich-gewohnten Egoismus, der immer dann "individualbewußt"-systemrational im kapitulativen Zynismus, bzw. in esoterischer Bewußtseinsbetäubung beschworen wird, wenn solche Sprüche kommen: "Wer die Gesellschaft verändern will, muss bei sich selbst anfangen.", damit es dort auch endet???

       

      Wer angesichts der Geschichte der "Zivilisation" immernoch die Angst vor Verlust des ignorant-arrogantem "Rechts des Stärkeren" beschwört, der ist offenbar ein "Triebtäter" des menschenunwürdig-wettbewerbsbedingten Konsum- und Profitautismus - die größten und hässlichsten Mauern aus dem "Kalten Krieg", wurden durch die Köpfe schon fast bis in die Gene gebaut!?

       

      Falsch Informiert, falsch funktionalisiert!

      • C
        cosmopol
        @688 (Profil gelöscht):

        Sowas wie "Profitautismus" gibt es nicht. Es gibt Asperger-Autismus oder frühkindlichen Autismus - Autismus ist kein Synonym und keine Beleidigung.

        Ebensowenig Worte wie "behindert", "spastisch" etc.

        In deinem Kopf würde ich ja gerne mal 'ne Mauer einreißen.

    • @Informiert:

      Richtig . Der "Merkelismus" , sprich : "Durchwurschteln-von-heut-auf-morgen" wird uns noch länger erhalten bleiben .

      Aber das ist kein Grund , zum Bestehenden grundsätzlich Ja und Amen zu sagen , das Denken ebenfalls auf den Modus "vonheutaufmorgen" einzustellen . Denn es pfeifen ja schon die Spatzen von den Dächern , dass das "Bestehende" nicht bestehen bleiben wird , weil es nicht unbegrenzt bestehen bleiben k a n n : Dem Kapitalismus , dem das Wachstum ausgeht , dem wird unausweichlich das Lebenslicht runtergedimmt werden.

      Die Menschheit sollte mit dem Denken anfangen , b e v o r die Finsternis eintritt ...

  • D
    D.J.

    @Apokalyptiker,

     

    den Kapialismus halte ich zumindest für die nächsten Jahrzehnte für alternativlos, ohne ihn für die letzte Idee des "Weltgeistes" halten zu wollen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Marx, der die Anpassungsfähihkeit des Kapitalismus unterschätzt hat, dies heute ebenso sehen würde. Was allerdings am Willen zur politischen Zähmung seiner Exzesse so verachtenswert wäre, verstehe ich nicht so recht. Freilich geschieht dies nicht durch nettes Zureden. Ich verachte nicht mehr als alberne "Appelle" an die Wirtschaft (gern auch vonseiten der SPD).

  • Es gibt in Europa soweit ich sehe keine deutlich in Erscheinung tretende politische Kraft , die den Kapitalismus grundsätzlich in Frage stellt , negiert und auf seiner Abschaffung besteht . Der Kapitalismus ist aber nur als ganzer zu kritisieren , oder garnicht . Hier und da an verschiedenen Ecken rumzukritisieren , "Kanten" zu runden , "Verbesserungen" zu fordern - ... das ist der herrschende Sozialdemokratismus ohne Konzept , in Deutschland jetzt mit Zweidrittel-Mehrheit .

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @APOKALYPTIKER:

      "Wolkenkuckucksheim"

       

      Und da wunderst du dich, daß es keine deutlichen Erscheinungen gibt, oder bist du damit auf Sündenbocksuche und kannst menschenwürdige Kräfte nicht erkennen???

       

      Die Diktatur des Kapitals lebt AUSSCHLIESSLICH von Konfusion, Suppenkaspermentalität und dazugehörig zeitgeistlich-kreislaufender Symptomatik in stetem Konservatismus von "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" - Ergebnis: Faschismus in Überproduktion von systemrational-reformistischem Kommunikationsmüll!!! :-)

      • C
        cosmopol
        @688 (Profil gelöscht):

        Du hast offensichtlich nicht nur keinen Plan von Autismus sondern auch keinen Faschismusbegriff.

  • Und weil grad gefragt wurde – ist ja schon eine Art gesteuerter-kontrollierter Hauruck-Reflex von soviel geschichtlichem Staat-Monopol und Mogel-Demokratie im schul- und nachher mediengetrichterten Kopf – „Ja aber wie willste das denn machen, und wie soll das denn gehn?“...

    Da kann ich als Jetzt-Vorschlag Kennen-Lern-Reisen anbieten. Nach Montevideo, ins Mapuche- bzw. Mohawkland, oder, am eindrucksvollsten, weil am weitesten ausserhalb Staates bzw. Gebietsorganisation-von-Unten gekommen, nach Chiapas.

    Aber selbstkultürlich sind auch (erschwinglichere) Buchreisen dienlich, um Horizonte zu erweitern und an (penibel versteckte) Wahrheiten ranzukommen. Da gibts genug (für die Suchenden). Kontemporär zB Raúl Zibechis „Territorios en Resistencia“ (gibts auch auf deutsch), geschichtlich Martha Ackelsbergs „Free Women of Spain“. Oder mit Emma Goldmann, Simone Weill, Vandana Shiva, aktiven ZeitgenossInnen (zB. http://www.mohawknationnews.com/

    )... denkspazieren gehn. In deren theoretisch-praktischen Analyse-Gegenwehren. Und – last not least – die EIGENfantasie ausnützen und strapazieren.

  • "Wer an Alternativen denkt, muss endlich sich auch vom Schwarz-Weiss-Schema – Diktatur oder „Demokratie“ – lösen können."

     

    Dieses Satz verstehe ich nicht ganz. Meinen Sie, dass es einen Graubereich zwischen Diktatur und Demokratie gibt? Und dass es in diesem Graubereich wünschenswerte Alternativen gibt?

    • C
      cosmopol
      @Dhimitry:

      Graubereich der Demokratie... mmh, ich weiß nicht auf was sich der Post konkret bezieht, aber ... trifft das eigentlich zu wenn der dominante Machtfaktor in menschlichen Beziehungen (die Wirtschaft) autokratisch statt demokratisch verwaltet wird?

      • @cosmopol:

        Autokratische Wirtschaftsbeziehungen sind problematisch. Eine weitere Demokratisierung des Produktionsprozesses wäre m.E. der richtige Weg um das soziale in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken. Linke Politik sollte dafür streiten, die Eigentumsrechte von Belegschaften und die Informationsmöglichkeiten von Konsumenten zu stärken. usw...

      • @cosmopol:

        War auf den Beitrag von Ardaga bezogen...

  • D
    D.J.

    @GSP-Follower,

     

    das Problem mit Ihrer Arbeiterklasse ist nun aber, dass die von Ihnen Genannten sich teils so dumm und dusselig verdienen, dass sie für den von Ihnen wohl gewünschten Klassenkampf eher weniger geeignet sind. Das betrifft auch viele Facharbeiter, von deren Gehalt sehr viele kleinere Selbstständige nur träumen können (gönne es ihnen natürlich).

  • Auch ich denke, wie eine/e kommentierende LeserIn (weiter unten), dass dieses Interview mehr Platz und also Tiefe verdient hätte. Besser noch, wenns ein multilaterales Gedankenaustauschen gewesen wäre.

    Etwas enttäuschend (aber nicht überraschend) ist das Weitersturanhalten an einem jahrtausendealten Mongeletikett: Demokratie. Denn die gabs in staatsgeordneten Gesellschaften bis dato noch nirgendwo im terrestrischen Kontext. (Aber der Fetisch stirbt zuletzt.)

    Wer an Alternativen denkt, muss endlich sich auch vom Schwarz-Weiss-Schema – Diktatur oder „Demokratie“ – lösen können. Denn innerhalb letzterer gibt es (für mich) kaum noch Unterschiede. Singuläre Schattierungsdifferenzen vielleicht. (Und selbst die, kann ich, im Gegensatz zur Interviewten, nicht erkennen. Wenns um Blair geht, zB. Der Thatchers neoliberale Donnerouverture gehorsamst und geflissentlichst WEITER geführt hat.) Rechts-, Links-, Vorn- oder Hintenpopulismus „funktioniert“ solange nicht das Instrument Staat in die Entscheidunghand genommen wird. Bei Stimmensieg und im Staatsrahmen verbleibend, ist‘s aus mit den unterschiedlichen aka „radikalen“ Positionen. Und es herrscht wieder der inhärent gemachte Über-Imperativ der „Freien-Kapital-Praxis“ des von Oben nach/wider unten Agierens. Angesichts so viel Reichtums auf einer, elitären, abgeschotteten, Menschheitsseite, und so viel Elend und Gewalt auf anderer, einem möglich bis wahrscheinlichen Klimakollaps, und einem Megazeitalter, wo Rüstungs- und andere Industrien stets schlagkräftigere „Argumente“ als der menschliche Friedenswille haben, scheint es mir überfällig, sich von Mogeletiketten und Mogelsystemen und obsolten Links-Rechts-Staatsunwesen in Hand einiger Übermachtlobbies zu lösen.

  • T
    TOMTOM

    Ein Bärendienst, was die Dame da vorschlägt:

     

    "Damit wären wir beim Linkspopulismus, den ich als Alternative vorschlage."

     

    "Linkspopulimus" vorschlagen im Land von BILD und Glotze?! Da kann sie sich gleich ein Schild mit den Worten "Ich bin neidisch" ankleben, denn solange die Situation in den Medien derart rechtslastig ist - man denke nur an den "Wutbürger" - ist mit "Linkspopulismus" kein Blumentopf mehr zu gewinnen.

  • Es gibt keine Arbeiterklasse mehr? Die Arbeiterklasse ist genau die "kollektive Identität", mit deren Lage sich linke Bewegungen auseinanderzusetzen hätten: Büroangestellte, Fabrikarbeiter, Programmierer, Piloten, Busfahrer... Sie alle besitzen _NUR_ ihre Arbeitskraft und produzieren gesellschaftlichen Reichtum, über dessen Verteilung andere entscheiden. Die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern ist aus linker Perspektive unsinnig.

    • @gsp-follower:

      Sie meinen also die Begrifflichkeit der Produktionsverhältnisse könne man ohne weiteres auf einen Angestellten im öffentlichen Dienst übertragen? Also die klassische Kapitalakkumulation in der Verwaltungsstruktur von Ämter ist mir irgendwie nicht ganz klar?

    • @gsp-follower:

      Genau wie die Manager.

    • @gsp-follower:

      Bingo, den Nagel auf den Kopf getroffen, genau darum geht es !

  • GH
    Go home

    Wieviele heutige Linke waren oder sind Arbeiter? Ich sehe Beamte und reiche Bürgerkinder. In Politik wie Medien. Während andere arbeiten gehen, debattiert man beim veganen Bio-Käsefrüstuck die Revolution der Arbeiterklasse.

  • L
    Leserin

    Ich würde mir einfach mal eine Politik für deutschland wünschen.

    Die Staatsschulden reduzieren, Generationengerechtigkeit und eine Zukunft für die jugend.

    Keinerlei militärische Abenteuer in Afganistan, Afrika oder sonstwo und das Geld für die eigene Bevölkerung mit dt. Staatsbürgerschaft.

  • "Es gibt sicherlich kein Proletariat mehr."

     

    Wenn man sich schon der Marxśchen Dialektik bedient, sollte man wissen, was es bedeutet.

    Proletarier sind Menschen, die ihren Lebensunterhalt ausschließlich lohnabhängig verdienen, nur ist die Klassifizierung den meisten heute peinlich.

    Damit ist Frau Moufee nicht ernst zu nehmen.

    • @lions:

      Falsch; auch leitende Angestellte, die es übrigens schon zu Zeiten von Marx gab, leben letztendlich "lohnabhängig"; ihr Gehalt ist ihre Haupteinnahmequelle zum Lebensunterhalt.

      Ich kann mich aber nicht erinnern, dass Marx diese in seiner Dialektik zu den "Proletariern" gezählt hat.

      • @Tortes:

        "Nach Karl Marx sind Proletarier Menschen, die nur durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft ihren überwiegenden Lebensunterhalt erzielen können."

        "Zitat aus Wiki"

        Wie interpretieren Sie es ?

        • @lions:

          Das Zitat ist nur die halbe Wahrheit.

          Marx hat die leitenden Angestellten, z.B. Fabrikdirektoren, aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung in seiner Zeit definitiv der Bourgeoisie zugeordnet.

          Einfach mal in den Originalschriften von Marx lesen.

          Wikipedia lesen reicht nicht; erstens weil inhaltlich oft unvollständig, zweitens mitunter inhaltlich grob fehlerhaft. Da hier jeder mitschreiben darf, ist Qualität nicht sicher gewährleistet.

          Deshalb gilt Wikipedia im akademischen Diskurs, z.B. als Zitierquelle für akademische Arbeiten als ungeeignet.

          • @Tortes:

            Da braucht man nicht erst Marxens Werke gelesen haben, um festzustellen,

            dass Manager keine Proleten sind.

            Auch wenn definitiv das Proletariat in erster Linie lohnabhägig ist, kommt als zweites Merkmal nach Marx der unversöhnliche Gegensatz der Interessen zum tragen.

            Das heißt, "der Arbeiter" wird sich notfalls gegen den Arbeiter stellen, wenn ihm diese Entscheidung abverlangt wird. Das Entscheidungspotenzial ist somit der zweite Faktor.

             

            Da es hier keinem akademischen Anspruch genügen kann, schon der Kürze der Ausführung wegen, zitiere ich Wiki.

            Da hab ich ja gerade mal Glück gehabt, dass ich damit nicht promovieren muss.

            Und ich unterstreiche noch einmal: Das Proletariat existiert noch.

            • @lions:

              Dass das Proletariat nach wie vor existiert, steht ausser Frage; heute sind das die mittleren bis niedrigen Lohngruppen, die HarzIV-Empfänger und die komplette mittlere bis ärmere Bevölkerungsschicht, ähnlich wie zu Marx's Zeiten.

               

              Das diskutierte Problem ist die Zuordnungsfrage, was trotz "proletarischer Grundmerkmale", wie z.B. lohnabhänige Arbeit, bei genauerer Anschauung eben doch nicht zum Proletariat gehören kann.

              Der zitierte "unversöhnliche Interessensgegensatz" ist da inhaltlich schon das bessere Definitionsmerkmal.

              Bei leitenden Angestellten bzw. Direktoren, neudeutsch "Manager", gilt eben damals wie heute: "wes Brot ich ess, des Lied ich sing".

              So what ...

  • K
    Karl-Friedrich

    Das Interview ist so erhellend wie bedeutsam. So wie der sich selbst so nennende post-Marxismus insgesamt. Er reflektiert nichts anderes als die Kulturproduktion der neoliberalen Unis: Retro-style.

  • Ich kann weit und breit keinen Linkspopulismus erkennen.

    Rechten, bis Mitte inclusive Sozialdemokraten da geht doch ohne Populismus gar nichts mehr.

    Eine linke Politik, vorausgesetzt sie versteht sich als marxistisch leninistisch wird logisch die Interessen der Arbeiterklasse vertreten - nun ja sie sagen zwar es gibt keine Arbeiterklasse mehr, nun ja dann warten sie mal ab,längst hat der Abstieg begonnen oder scheuen sie sich die Realität zu erkennen.

    Linkspopulismus ist doch nicht eine den Werktätigen entsprechende Politik oder linke Positionen zu erklären,nein Linkspoulismus ist, den Kapitalisten Zugeständnisse machen, welche sie im Traum nicht erwarten können.

    Wenn der Herr Steinbrück sagt: "Wer betrügt fliegt". Dann ist das Rechtspopulismus.

    Wenn ich dann behaupte: "Da müssen aber dem Uli Höness Flügel wachsen."

    Das ist Linkspoulismus.

    • C
      cosmopol
      @To Kokkino:

      Ich hoffe ja, dass "linke" Politik die sich als "marxistisch-leninistisch" versteht (übrigens ein von Stalin geprägter Begriff), langsam mal in der Klärgrube verschwindet in die sie seit... ach spätestens seit 1921 gehört.

  • C
    Celsus

    Ein sehr schönes Interview. Und es stimmt leider. Politische Alternativen zum Neoliberalismus werden kaum von Parteien aufgezeigt. Lassen sich doch führende Köpfe der SPD wie Gabriel von AfD-nahen Professoren bereten. Ständig davon zu reden, vielleicht doch eine Koalition mti der LINKEN einzugehen und dann wieder beleidigt zurückzurudern, weil DIE LINKE diesen Kurs nicht mitträgt, ist in Wahrheit doch ein Placebo für soziale Einstellungen der SPD, die es in Wahrheit gar nicht mehr gibt. Nicht mit diesen führenden Köpfen.

  • Schönes Interview, hätte aber meiner Meinung nach länger und tiefgründiger sein können, da die interessanten Themen nur angerissen wurden.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    "Vielleicht ist im Moment kein linkes Projekt möglich, da das Problem tiefer sitzt."

     

    Nicht nur vielleicht, ist es hauptsächlich ein Problem der "Linken" / "Sozialisten", daß sie ein visionäres Programm als Ziel nicht aussprechen - es sitzt in der gleichermaßen gepflegten Bewußtseinsschwäche von gleichermaßen gebildeter Suppenkaspermentalität auf stets systemrationaler Sündenbocksuche (Staat & Kirchen), das die Spitzen-Akteure nicht weiter als den Steuerungsmechanismen des "demokratischen" Parlamentarismus in "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" sehen, hören, sprechen können!

     

    Erst wenn die Gedanken wirklich-wahrhaftig frei sind wird Mensch erkennen, daß er sehrwohl / GRUNDSÄTZLICH und PRINZIPIELL / einzig menschenwürdig / OHNE Steuern und Zinsen zahlen, OHNE "Sozial"-Versicherungen, OHNE manipulativ-schwankende "Werte", OHNE irrationalem Zeit-/Leistungsdruck zu einer Karriere von Kindesbeinen, usw., zusammenleben kann - die Basis ein UNKORRUMPIERBARES MENSCHENRECHT auf kostenlose (Grund-)Versorgung mit NAHRUNG, entsprechend mietfreiem WOHNEN und kassen- wie klassenloser GESUNDHEIT!?

    • @688 (Profil gelöscht):

      Hey , HTO , packen Sie mal 'ne andere Rolle in Ihre Drehorgel !

      Oder haben Sie nur welche aus Wolkenkuckucksheim ?

      • 6G
        688 (Profil gelöscht)
        @APOKALYPTIKER:

        Nee, denn Populismus / Surfen auf dem Zeitgeist ist nicht mein Ding! :-)

    • 6G
      688 (Profil gelöscht)
      @688 (Profil gelöscht):

      "Sind Menschen wirklich glücklich oder sind sie nicht einfach ein bisschen fatalistisch geworden?"

       

      Der Fatalismus des geistigen Stillstandes seit der "Vertreibung aus dem Paradies" (erster und bisher einzige geistige Evolutionssprung), wurde nie einfacher oder immer nur ein bisschen manipuliert - der Zeitgeist bewegt sich derzeit offensichtlich in KONFUSION durch Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL, und produziert fast nur Konsum- und ProfitAUTISTEN!

      • C
        cosmopol
        @688 (Profil gelöscht):

        Soviel zum Thema Kommunikationsmüll.

        Autismus ist weder eine Beleidigung, und noch ein Synonym für irgendetwas. Diese Verwendungsweise ist diskriminierend.