armutsbericht: Politisches Armutszeugnis
So umfangreich das Zahlenwerk war, das Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) gestern zur Armut in Berlin vorstellte, so dürftig war das, was sie als eigene Handlungsmöglichkeiten präsentierte. Die Arbeitslosigkeit müsse verringert werden, forderte die Senatorin, aber dafür sei die Bundespolitik ausschlaggebend. Die Situation der Familien müsse verbessert werden, aber auch dafür sei die Bundesregierung zuständig. Und die Berliner Bildungs- und Stadtentwicklungpolitik? Leider beide in der Hand der SPD. Allein die soziale Infrastruktur der Stadt will die Sozialsenatorin retten. Doch hier hat der rot-rote Senat den Rotstift angesetzt.
Kommentar von SABINE AM ORDE
Natürlich hat Knake-Werner formal Recht, was die Zuständigkeiten angeht. Doch damit kann sich eine Sozialsenatorin nicht zufrieden geben. Eine, die angetreten ist, um die soziale Spaltung in der Stadt zu verringern. Von der muss man mehr erwarten können als die Vorschläge, die Ganztagsbetreuung für Kinder auszubauen und in Problemkiezen alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen – was das Quartiersmanagement seit langem versucht.
Die Zahlen, die Knake-Werner gestern veröffentlicht hat, sind dramatisch: Die Armut in Berlin steigt; Nichtdeutsche, Kinder, Alleinerziehende sind besonders betroffen. Damit reiht sich der Armutsbericht nahtlos in andere Untersuchungen des Landes ein – den Familienbericht, den Gesundheitsatlas, die Sprachstandsuntersuchung Bärenstark.
Die Konsequenzen aber, die die Politik aus all diesen Untersuchungen zieht, sind dürftig. Zahlen haben wir jetzt genug. Entschlossenes Handeln ist gefragt.
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