Politischer Machtkampf in Venezuela: Präsident Maduro spielt auf Zeit

Wohl aus Angst vor einer Niederlage verschiebt die sozialistische Regierung die Regionalwahlen. Die Opposition spricht von Verfassungsbruch.

Präsident Nicolás Maduro hält die Hand an die Stirn

Kann Präsident Nicolás Maduro seine Regierung noch retten? Foto: reuters

RIO DE JANEIRO taz | Der Machtkampf in Venezuela geht in die nächste Runde. Der Nationale Wahlrat CNE verschob am Dienstag die Regionalwahlen auf das nächste Jahr. Eigentlich sollten die Gouverneure der 23 Bundesstaaten im Dezember neu gewählt werden, da ihr Mandat im Januar 2017 ausläuft. Die Opposition schäumt, will sich aber von ihrem eigentlichen Ziel nicht ablenken lassen: das Referendum zur Absetzung von Präsident Nicolás Maduro.

Die Regionalwahl werde erst „Ende des ersten Halbjahres 2017 stattfinden“, erklärte CNE-Präsidentin Tibisay Lucena bei der Bekanntgabe des Wahlkalenders für das kommende Jahr. Die Lokalwahlen, bei denen Hunderte von Bürgermeistern und Stadtparlamenten neu bestimmt werden, sind gar erst für Ende kommenden Jahres geplant. Gründe nannte sie nicht.

Das Oppositionsbündnis MUD (Mesa de la Unidad Democrática) bezeichnete die CNE-Verfügung als unverantwortlich. Der MUD-Abgeordnete Alfonso Marquina sprach von einem Bruch der Verfassung. Der neue Wahlkalender wird als Eingeständnis der Regierung gewertet, dass sie derzeit keinen Urnengang riskieren will.

Seit die Konservativen vor knapp einem Jahr eine deutliche Mehrheit im Parlament errangen, versucht Maduro am Kongress vorbeizuregieren. Dabei unterstützt ihn der Oberste Gerichtshof, der regelmäßig Beschlüsse der Abgeordneten für nichtig erklärt. Unter anderem verhinderte er die Ablehnung von Dekreten, die die Machtbefugnisse des Präsidenten ausweiteten, sowie die Vereidigung von drei Abgeordneten, mit denen die Opposition auf eine Zweidrittelmehrheit gekommen wäre.

Die Opposition führe einen Wirtschaftskrieg

Zuletzt beschieden die Obersten Richter Anfang Oktober, dass der Präsident den Haushalt nicht mehr dem Parlament zur Bewilligung vorlegen muss. Auch diese Ermächtigung der Justiz wird vom MUD als verfassungswidrig bezeichnet. Maduro hingegen wirft den Parlamentariern vor, die Regierungsarbeit zu boykottieren. Sie würden mithilfe von Unternehmern und ausländischen Kräften einen Wirtschaftskrieg führen, um das Land zu zermürben.

Im Zentrum des Machtkampfs steht das Referendum, mit dem die Opposition den sozialistischen Präsidenten loswerden will. Als letzte Hürde müssen Ende Oktober Unterschriften von 20 Prozent der Wahlberechtigten gesammelt werden. Allerdings legte das Oberste Gericht diese Woche fest, dass die Unterstützerquote nicht für das Land insgesamt, sondern in jedem einzelnen Bundesstaat erreicht werden muss. Beim erfolglosen Referendum gegen Hugo Chávez 2004 galt diese Erschwerung noch nicht.

Zudem deutete der CNE an, dass ein Referendum nicht vor Februar 2017 stattfinden werde. Das bedeutet, dass bei einer Abwahl statt Neuwahlen lediglich der Vizepräsident Maduros Amt übernehmen würde. Der MUD kündigte bereits an, diesen Zeitplan nicht hinnehmen zu wollen.

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