Politischer Aufstieg trotz Affäre: Lauter Fluglärmgegner
Trotz seiner parteiinternen Spendenaffäre wird der grüne Machtpolitiker Horst Becker Staatssekrätar. Auch auf Grund seiner Art ist er für Einige nicht mehr haltbar.
Lärm hat Horst Becker groß gemacht. In seinem rheinischen Wahlkreis fährt der grüne Fluglärmgegner, der in seiner Heimatstadt Lohmar selbst im Windschatten des Köln-Bonner Flughafens wohnt, seit Jahren beste Ergebnisse ein: Fast 24 Prozent der Erststimmen holte Becker bei der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai. Bis zum parlamentarischen Staatssekretär für Verkehr brachte es der 56-Jährige, galt bei den Grünen als „kleiner Minister“.
Laut ist Becker aber auch selbst. „Manchmal zu ungeduldig“ sei er, schreibt der gelernte Speditionskaufmann über sich selbst. Becker sei ein gern herumbrüllender Choleriker, der im Ministerium auch schon mal mit Akten nach Mitarbeitern geworfen habe, erzählen in Düsseldorf andere: „Ein Machtmensch, hart, unfair. Stil ist nicht sein Ding“, sagt eine Parteifreundin, die lange mit dem gebürtigen Kölner zusammengearbeitet hat.
Bei den Sozialdemokraten gilt Becker deshalb mittlerweile als untragbar. Im Wahlkampf ging der einstige „Parlamentarische“, der seinen Posten mit Auflösung des Landtags verloren hatte, sogar seinen weiter amtierenden Wirtschafts- und Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) allen Koalitionsversprechen zum Trotz frontal an: In Sachen Nachtflugverbot könne er dem „Herrn Landesverkehrsminister“ nur „dringend raten, nicht zu zaudern“.
Nicht unumstritten
Doch auch bei den Grünen ist der Rheinländer seit einer parteiinternen Spendenaffäre nicht mehr unumstritten. Jahrelang habe sich Becker geweigert, einen Teil seiner Bezüge als Verwaltungsratsmitglied der Sparkasse wie üblich an die Partei zu spenden, heißt es aus seinem Kreisverband Rhein-Sieg – über 6.500 Euro habe der gut versorgte Landtagsabgeordnete am Ende nachzahlen müssen.
Beckers Karriereknick galt damit als besiegelt: Schon unmittelbar nach der Landtagswahl wollten die grünen Parteivorsitzenden Monika Düker und Sven Lehmann kein Wort über seinen Staatssekretärsposten verlieren. Doch Becker, der auch Chef des grünen Parteibezirks Mittelrhein ist, gilt parteiintern als mächtiger Mann, der grüne Karrieren anschieben und beenden kann.
Genutzt hat der Machtpolitiker seinen Einfluss jetzt für sich selbst: Vier Wochen nach der Wahl wird Becker plötzlich Staatssekretär – im Umweltministerium des Grünen Johannes Remmel, der Becker offenbar nicht verhindern konnte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen