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Wahlkampf in IndienPolitische Rallye mit tödlichem Ausgang

Bei einer Kundgebung des Filmstars Vijay im Süden Indiens sind am Samstag 40 Menschen gestorben. Ein Grund: Zu wenig Wasser trotz sengender Hitze.

Während einer politischen Großveranstaltung mit Joseph Vijay Chandrasekhar sind mehrere Menschen ums Leben gekommen Foto: Seshadri Sukumar/zuma/dpa

Mumbai taz | Zehntausende waren am Samstag im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu zu einer Wahlkampfveranstaltung des Schauspielers und Politikers Joseph Vijay Chandrasekhar von der Partei Tamilaga Vettri Kazhagam („Tamilakamischer Siegesbund“, TVK) gekommen. Doch sie mussten sich gedulden: die Kundgebung in Karur begann mit etwa sechs Stunden Verspätung.

Als „Vijay“ endlich sprach, drängten viele in Richtung Busbühne. Menschen umringten ihn von allen Seiten. Im Gedränge bei Tageshöchsttemperaturen von bis zu 36 Grad verloren mehrere Personen das Bewusstsein. Zwar soll der Star seine Rede unterbrochen haben, als er das Chaos bemerkte.

Am Tag darauf steht jedoch fest: 40 Personen starben, darunter 17 Frauen, 13 Männer sowie zehn Kinder und über 100 Personen wurden verletzt. Chandrasekhar sprach den Familien der Verstorbenen sein Beileid aus und wünschte den Verletzten eine schnelle Genesung. Er sei erschüttert und von „unerträglichem, unbeschreiblichem Schmerz und Trauer“ erfüllt. Als „Vijay“ bekannt, zählt er zu den erfolgreichsten Schauspielern des Bundesstaates. 2024 beendete er seine Filmkarriere und gründete die TVK.

Nach dem Unglück versprach der 51-Jährige den Angehörigen der Toten eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet knapp 2.000 Euro. Zuvor hatte Ministerpräsident Muthuvel Karunanidhi Stalin (DMK) bereits fünfmal so viel zugesagt – eine Million Rupien. Auch von Premierminister Narendra Modi folgten Beileidsbekundungen.

Mehrere Versäumnisse

Die Polizei führt das Unglück auf mehrere Versäumnisse zurück: den stark verspäteten Beginn, unzureichende Versorgung mit Wasser und Essen sowie Überfüllung. Thiru G. Venkataraman, Polizeigeneraldirektor von Tamil Nadu, sagte, es sei eine Herausforderung gewesen, die Menschen unter Kontrolle zu bringen. Erwartet wurden 10.000 Besuchende, tatsächlich kamen fast 30.000.

In sozialen Medien hatte die TVK angekündigt, Vijay werde gegen Mittag eintreffen. Seine An­hän­ge­r:in­nen warteten in der sengenden Hitze. Mit der Veranstaltung wollte die TVK ihre Stärke im Wettbewerb mit dem lokal regierenden Dravidischen Fortschrittsbund (DMK) sowie der hindunationalistischen Volkspartei BJP von Modi demonstrieren.

Die Landesparlamentswahl in Tamil Nadu steht Anfang 2026 an. Das Fiasko könnte die Partei schwächen, auch wenn es nicht das erste Mal war, dass Vijays Kundgebungen Sicherheitsbedenken hatten laut werden lassen. Die politische Kommentatorin Swati Chaturvedi forderte aufgrund von mangelnden Führungsqualitäten seinen Rücktritt, da er mit dem Privatjet vom Ort des Geschehens geflohen sei. Die TVK wiederum beschuldigt die DMK, hinter dem Unglück zu stecken.

In Indien sind Todesfälle bei Massenveranstaltungen keine Seltenheit, etwa bei religiösen Festen. In diesem Jahr kamen bei dem Festival Puri im Osten Indiens oder dem Krugfest Kumbh Mela laut Medienberichten mehr als 30 Menschen ums Leben. Bei Letzterem kritisierte die Opposition eine „VIP-Kultur“, die zu einem tödlichen Gedränge geführt haben soll.

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