Politische Ökonomie des Fußballs: Gut aufgestellt vom Investor
Beim 1. FC Kaiserslautern will der potenzielle Geldgeber dem Trainer reinreden. Er zeigt, wie man auch in der Dritten Liga Geschäfte machen kann.
D a wird im Geheimen ein Deal eingefädelt, und erste Informationen vermag man kaum zu verstehen. Peu à peu aber ergeben sie ein nachvollziehbares Bild. Nur kein schönes.
Beim 1. FC Kaiserslautern, also jenem Fußballklub, der über eine große Tradition und ein schönes Stadion verfügt, aber sportlich und finanziell ein jämmerliches Bild abgibt, hat sich ein Investor gemeldet, von dem man weiß, dass er in Dubai sitzt, und von dem man vermutet, dass es sich um einen Horst Peter Petersen handelt. „Fußballaffin“ sei der Mann, über den man wenig weiß, heißt es, doch dieser Begriff führt vermutlich in die Irre, suggeriert er doch, da sei ein Multimillionär oder -milliardär, der sich auf seine alten Tag ein teures Hobby leistete.
Nun sickerte durch, dass dieser Petersen, sollte der FCK sein Angebot annehmen, auch auf den unmittelbaren sportlichen Bereich Einfluss nehmen will, also darauf, welche Spieler verpflichtet werden und welche auflaufen. Hintergrund sei, dass mit seinem Engagement der Traditionsklub als Bühne genutzt werden soll, um billig eingekaufte asiatische und südamerikanische Profis europäischen Klubs zu präsentieren.
Die Dritte Liga würde dann so etwas wie ein Homeshopping-Kanal des modernen Fußballs: Trashangebote mit hoher Gewinnspanne. Kritik daran, dass im Profisport Menschen als Waren gehandelt werden, war bislang meist moralisch grundiert: Darf ein Mensch – sagen wir: Ronaldo oder Messi – eine dreistellige Millionensumme kosten?
Der FCK würde bald zeigen: Bei uns geht’s auch billiger! Bislang gingen die an Dietrich Mateschitz, Klaus-Michael Kühne oder Dietmar Hopp geübten Betrachtungen zur Fußballökonomie davon aus, dass man in die Bundesliga, besser noch in die Champions League müsste, damit sich dort dank Fernseh-, Merchandise- und Sponsorengeldern die Investitionen rechneten.
Was sich nun bei dem vermutlich fälschlich als „dubios“ betitelten Investor aus Dubai andeutet, ist ein anderes Modell, mit Fußball reich zu werden: In Schritt eins eine auch international wohlklingende Traditionsmarke kaufen, sie, Schritt zwei, mit günstig eingekaufter Profispielerware bestücken, die dann, dritter Schritt, teuer veräußert wird, weil sie durch Schritt eins „in Wert gesetzt“ wurde.
Investment ist keine „Liebhaberei“
Ein Wirtschaftskreislauf – mit deutlich geringerem Risiko als jede Champions-League-Hoffnung und vermutlich auch mit größerer Renditeerwartung.
Das erklärt auch, warum der Investor schon erklären ließ, dass er das Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg kaufen, nicht aber für die Altschulden des Klubs einstehen möchte. Ein „fußballaffiner“ Millionär, der sich ein Hobby gönnt, würde ja vielleicht ausstehende Rechnungen bezahlen, aber dieser moderne Investor will bloß zum Ramschpreis die Bühne kaufen, mit der und auf der er sein Geld machen will.
Ob die Dubai-Offerte für den FCK eines der berühmten Angebote ist, die man seit dem Film „Der Pate“ als „an offer he can’t refuse“ kennt, wird sich zeigen. Einerseits hat der Klub Insolvenz angemeldet und keine eigene ökonomische Macht sich zu wehren. Andererseits hat das Amtsgericht Kaiserslautern die Kontrolle über eingesetzte Sachwalter und Eigenverwalter. Zudem liegt dem FCK ein weiteres Angebot vor, für das „regionale Investoren“ stehen: mittelständische Unternehmer, von denen man immerhin die Namen kennt. Auch deren Engagement dürfte nicht dem entspringen, was Finanzämter „Liebhaberei“ nennen.
Die unangenehme Innovation aber, dass der Investor dem Trainer sagt, wer heute auflaufen soll, weil dieser oder jener Profi sich gerade für einen potenziellen Käufer zu präsentieren hat, die kann nur der Mann aus Dubai bieten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“