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Politische Kultur in KubaMarkt- und anderes Geschrei

Wo immer sich Dissidenten zeigen, werden Leute zusammengerufen, um sich zu empören. Vor allem wir Studenten müssen hin.

Organisierte Empörung: Pro-Regierungsdemonstrant gegen die „Damen in Weiß“, 2010 Foto: reuters

Für die spanische Originalversion bitte herunterscrollen! Si desea, puede consultar la versión original en español a continuación de esta traducción al alemán.

„Schreit was ihr könnt, gerade heute nerven sie besonders!“ Die Unbekannte tritt aus der Menge heraus. Sie ist klein, hat einen wütenden Blick, und empfängt uns, die wir gerade erst angekommen sind. Sie verfügt offensichtlich über Autorität, vielleicht, weil sie ein politisches Amt bekleidet.

„Löst die ab, die schon da sind,“ sagt sie und deutet auf das Fenster des Hauses, vor dem die Aktion stattfindet. „Die, die schon da sind“ schreien schon eine ganze Weile. Es scheint nur fair, dass sie jetzt die Stimme schonen dürfen. Wir sind aufgerufen zu helfen. Wir müssen mitmachen.

Ich bin mit einer kleinen Gruppe inkognito gekommen, so gut das ging. „Heute gibt es Damas de Blanco“ war an der Fakultät für Kommunikationswissenschaften und an anderen der Universität in Havanna weitergesagt worden. Die Mitteilung bedeutete einen Aufruf zum Gegenprotest, zum repudio, zur empörten Zurückweisung.

Die Kubataz

Dieser Text erschien in gekürzter Fassung am 15. Juli 2016 in der Sonderbeilage (

) zum zweiten taz Panter Workshop mit kubanischen Journalisten.

Este articulo se publicó en una versión cortada el día 15 de Julio 2016 como parte de un suplemento especial (

) en occasión del segundo taller de la fundación taz Panter con periodistas cubanos.

Seit Jahrzehnten ist diese Praxis kultiviert worden. Zum Glück, sagen einige. Ich hatte noch nie so einen acto de repudio, einen Gegenprotest gesehen, und vor allem deshalb ging ich hin: aus Neugier.

Sie rufen immer uns, weil wir junge Studenten sind, deren Pflicht es ist, ihre feste Überzeugung von der Notwendigkeit unter Beweis zu stellen, dass es verhindert werden müsse, den Söldnern die Straße zu überlassen. In diesem Fall hieß das, sich vor jenes Fenster zu stellen und zu schreien.

Monica Rivero

Mónica Rivero, 27, hat Journalismus studiert und lebt in Havanna. Bis vor kurzem arbeitete sie beim staatlichen Internetportal Cubadebate, seit einigen Monaten bei dem US-kubanischen Magazin OnCuba, das in Havanna ein großes Korrespondentenbüro unterhält.

Mónica Rivero, de 27 años, estudió periodismo y vive en La Habana. Hasta hace poco trabajaba en el medio digital estatal Cubadebate. Hace unos meses es editora del magazin cubano-estadounidense OnCuba en su oficina en La Habana.

Mein Körper, eine Frucht der Revolution, muss als Barriere funktionieren, die es den Dissidenten unmöglich macht, ihren Zufluchtsort zu verlassen, wo sie sich an diesem Nachmittag versammelt haben und von wo aus sie ausdruckslos durch die Gardinen nach draußen schauen.

Was denken sie? Wir können uns sehen, aber in Wahrheit sind wir tausende Kilometer und Millionen Jahre voneinander entfernt.

„Erdbeer- und Pfefferminzbonbons!“ schreit der alte Dünne, der durch die Menschenmenge läuft und sich nicht darum schert, wer sich dort inner- und außerhalb des Hauses versammelt hat. Es ist ihm egal, er verkauft Bonbons.

„Diese Straße gehört Fidel!“

Die Damas de Blanco sind eine aus Miami bezahlte Gruppe, die begeisterte Freundschaften zu so schillernden Personen pflegt wie Luis Posada Carriles, der einst Bomben legte, und die, so sagen sie in der Universität, 125.000 Dollar dafür bekommen, wenn sie drei Tage demonstrieren.

„Diese Straße gehört Fidel!“ schreien die Jungen, die draußen am nächsten am Fenster jener Wohnung stehen, wo sie sich heute versammelt haben.

Man weiß, dass sie Heldinnenallüren haben, obwohl es für Heldentum auf Gehaltsbasis keine Vorbilder gibt.

Touristen und schaulustige Nachbarn halte einige Distanz zu den Universitätsstudenten. Sie sind die Zeugen, immer und überall, würde der Protagonist eines bekannten Films sagen, Beobachter, Zuschauer der Show, Petzen.

„Mit unseren Panzern plattmachen“

Die Straße wimmelt von Leuten, mehr oder weniger Beteiligten, mehr oder weniger aktiven, mit tragenden Rollen oder als Lückenfüller, Statisten, und Bonbons, viele, Erdbeere und Pfefferminz, an den Bushaltestellen und an jeder Ecke, die für längere Zeit Andrang verspricht. Und es gibt Süßigkeiten, Gebratenes… Hunger und Langeweile.

Eine kubanische Fahne überspannt die Calle Neptuno auf ganzer Breite. Die Insignien des Vaterlandes spenden Schatten, einen großen Schatten. Man nimmt es dankbar hin: Es ist mittags und die Sonne ist unerträglich. Außerdem: Es geht doch bei all dem um die Fahne und ihren Stern: Einen einzigen, so wie es die Kubaner wollen, die Kuba sehr mögen.

Sie, die jungen Leute, dürfen nicht der Sünde der Arglosigkeit verfallen – ein Etikett, was jedem aufgeklebt wird, der sich der Paranoia nicht anschließen und dementsprechend handeln will. Einige Presseorgane sagen, man müsse dem Sirenengesang widerstehen.

Wenn zum Beispiel diese augenscheinlich gewaltfreien Frauen anfangen würden, die Straßen zu erobern, dann könnte die Situation außer Kontrolle geraten, andere Oppositionelle würden dann auch anfangen zu demonstrieren, und es könnte dazu kommen, dass wir „nur die Ordnung wiederherstellen können, indem wir sie mit unseren Panzern plattmachen,“ sagt jemand mit dem fatalen Hauch der Weisheit, der in einem anderen Schatten steht, nicht in dem der Fahne. Ich beeile mich, das Bild zu verscheuchen, als wäre es eine Fliege.

Ich will nicht schreien

Es wäre eine sehr teure Wiederherstellung, zu teuer, viel teurer als die Unordnung und die Süßigkeiten, die diese Frau da verkauft: 6 Pesos, wo der Preis normalerweise die Hälfte ist. Kleiner aber teurer. Wer soll das verstehen?

Die Zeit vergeht. Ich halte Abstand, ich will nicht schreien, ich will nicht in die erste Reihe, nicht ins Fenster hineinschauen und alte Parolen rufen. Ich kenne diese Frauen nicht, ich werde meinen Körper nicht als Wall benutzen, ich bin kein Hüter einer Ordnung, die gewiss vor allem durch die Sperrung der Straße, die riesige Fahne und den unerträglichen Lärm des Geschreis gestört worden ist. Ich bin nicht in diesem Haus. Aber ich bin auch nicht draußen. Ich bin – bei mir.

Stunden vergehen. Sie kommen nicht raus, heute nicht. Die Mission der Schreienden ist erfüllt, und mit dem Sonnenuntergang gehen auch die letzten. Wie sie, gehen auch die Verkäufer nach Hause, auch heiser und müde von all der Arbeit.

Versión original:

Pregoneros

– Griten bastante que hoy están majaderísimas.

Apartándose de la multitud, esta desconocida, corta de extremidades, furiosa de mirada, nos recibe a los recién llegados. Evidentemente es alguien con autoridad, acaso la que le otorga algún cargo político.

- Releven a los que están ahí- dice señalando a la ventana de la casa que concentra la acción.

“Los que están ahí“ gritan hace rato. Parece que sería justo que ya reposen la voz. Estamos llamados a apoyar y ser considerados. Debemos colaborar.

Yo había llegado entre un pequeño grupo de gente a lo incógnito, a toda la posibilidad que me aguardaba. “Hoy hay Damas de Blanco“ había trascendido en la facultad de Comunicación como en otras de la Universidad de La Habana. La notificación implicaba una convocatoria a repudiar, algo que se ha cultivado sistemáticamente en las últimas décadas, cada vez menos. Por suerte, dicen algunos. Yo nunca había visto un acto de repudio. Sobre todo fui por eso: por curiosidad.

Nos convocan por aquello de ser Jóvenes Universitarios, cuyo Deber es demostrar su Ferviente Convicción de la necesidad de impedir que las Mercenarias tomen las calles. En esta ocasión, expresada en el acto de ir a aquella ventana a gritar.

Mi cuerpo, administrado como fruto de la Revolución (el Ministerio de Conquistas, no la otra –la de verdad–), debe funcionar como barrera que impida que las disidentes salgan de su refugio, donde se han concentrado esta tarde y desde donde miran en gesto inexpresivo hacia afuera a través de la reja de la ventana.

¿Qué piensan? ¿Qué opinión les merecemos? ¿Les merecemos alguna? Podemos vernos, pero la verdad es que estamos a miles de kilómetros, a millones de años.

¡Caramelo de fresa y menta!- grita el viejo flaco que camina entre la pequeña multitud, ignorante de quiénes son los que se agolpan fuera de esa casa, y de quienes están dentro.

Le da igual: él vende caramelo.

Las Damas de Blanco, grupo pagado desde Miami, entusiastas amigas de personajes coloridos como Luis Posada Carriles, que puso la bomba y qué, han recibido una oferta de 125 mil dólares a cambio de tres jornadas de protesta, dijeron en la Universidad. Pero “esta calle es de Fidel“, insisten los muchachos más próximos a la ventana de la vivienda donde se encuentran reunidas.

Se sabe que tienen ínfulas de heroínas, por más que nadie haya tenido jamás noticia de heroicidad a sueldo.

Turistas y vecinos curiosos se aglomeran guardando cierta distancia de los Jóvenes Universitarios. Ellos son Los testigos; siempre en todas partes, diría el protagonista de una película famosa, espectadores, mirones del show, sapos.

El lugar es un hervidero de gente, más o menos involucrada en la acción, más o menos actora, con papeles protagónicos, de relleno, figurantes; y caramelos, muchos, de fresa y menta, de los alargados hechos en casa, populares en paradas de autobús y cualquier esquina que prometa concurrencia de público por un tiempo prolongado. Y hay dulces, y frituras… hambre y aburrimiento.

Una bandera cubana cubre la calle Neptuno a lo ancho, de una azotea a otra. Insignia de la Patria dando sombra, una sombra grande como ella. Se agradece: es mediodía y el sol es implacable; además, de la bandera se trata todo esto, y de su estrella: u-na-so-la, como la quieren los cubanos que quieren bien a Cuba.

Ellos, los Jóvenes, no deben pecar de Ingenuos, etiqueta que se estampa en la frente de cualquiera que ose no estar sumido en la paranoia y actuar en consecuencia. Dice cierta prensa que no deben prestar oídos a cantos de sirenas (sic.), no. Por ejemplo, si estas mujeres aparentemente inofensivas llegaran a tomar las calles comenzaría a perderse el control de la situación, otros opositores comenzarían a salir también, y llegaría el momento en que “solo aplastándolos con nuestros tanques podremos restablecer el orden“, advierte con fatales aires de sabiduría alguien parado en otra sombra, no la de la bandera, un poco más allá. Me apresuro a espantar la imagen como si fuera una mosca.

Sería un restablecimiento caro, demasiado caro; mucho más que el desorden y que los dulces que vende esa señora: 6 pesos cuando normalmente el precio es la mitad. Más chiquitos pero más caros. Quién entiende.

Pasa el tiempo. Mantengo la distancia: yo no quiero gritar, no quiero ir a la primera línea, junto a la ventana, entrando en aquella casa con los ojos y el grito de viejas consignas. No conozco a esas mujeres, no voy a usar mi cuerpo como barrera, no soy una agente del orden, que por cierto, no ha sido quebrantado más que por el corte en la calle, esa enorme bandera y la bulla insoportable de los gritos. No estoy dentro de esa casa, pero tampoco estoy fuera. Estoy… en mí.

Pasan horas. No saldrán, no hoy. La misión de los gritantes ha sido cumplida, y con el sol se retiran los últimos. Como ellos, vuelven los vendedores a sus casas, también sin voz, cansados de tanta faena.

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