: Politische Flurwinde
■ Gerold Janssen weist auf Kleinklima hin
Seit fünf Wochen brät Bremen in in der Sonne. Der sonst notorisch nervende Westwind blieb in den vergangenen Wochen aus, die Stadt ist richtig schön stickig. „Das liegt daran, daß zu wenig Frischluftschneisen in der Stadt sind“, sagt Gerold Janssen, Umweltaktivist für den Naturerhalt in Uni-Ost, wo Siemens vier Hektar Feuchtbiotop versiegeln will. „Genau da sind die meisten Gewässer und Gräser. Und die sind mikroklimatisch ganz wichtig“, weiß Janssen.
Auf Blättern, Grashalmen und Sumpfdotterblumen sammeln sich Nacht für Nacht Tausende von Tautropfen, die mit den ersten Sonnenstrahlen verdunsten und die Verdunstungskälte an die Luft abgeben. Da es vom Himmel warm kommt, vom Boden aber kühler, entsteht eine Luftbewegung. Diese sogenannten Flurwinde bilden sich vornehmlich über Feuchtgebieten, nicht aber über versiegelten Flächen wie Parkplätzen oder Häusern. Diese halten zudem die von umzu ansausenden Winde auf. Die Frischluftschneisen verschwinden und zwischen Innenstadt und feuchtwiesig-friesischem Umland lüftet sich nichts. Die StädterInnen schwitzen und leiden unter Atemnot, op'n Dörpen ist es zumindest ein wenig frischer. Und das vor allem am Abend. „Die Winde vom Holler-Land verzischen schon an der Uni“, sagt Gerold Janssen. Außerdem speichert der „Brutofen“ aus Beton und Klinker die Hitze und erwärmt die Gegend zusätzlich.
Laut Umweltgesetz des Bundes und des Landes Bremens sind Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) für Objekte a la Uni-Ost vorgeschrieben, das Verfahren läuft. Luft und Klima sind entscheidende Größen in einer UVP. Gerold Janssen hat in der Umweltbehörde schon mal vorgefühlt, ob denn das Kleinklima mitberücksichtigt werde. Die lapidare Antwort eines laut Gerold bei der Planung beteiligten Sachbearbeiters: Hier in Bremen sei das zu vernachlässigen, da es ja eh immer windig sei. Kommt, ließe sich ergänzen, nur darauf an, aus welcher politischen Ecke der Wind weht. fok
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