piwik no script img

Politische BildungAntimilitarismus nur in Grenzen

Zwei Veranstaltungen durften nicht ins Begleitprogramm der Deserteurs-Ausstellung im Rathaus - wegen Bundeswehrkritik der Organisatoren

Die Bundeswehr hat stets nur den Weltfrieden im Sinn Bild: DPA

Ihre Angebote seien "pluralistisch verfasst". Aber, so sagt Herbert Wulfekuhl, der Leiter der Landeszentrale für politische Bildung (LZPB), "es gibt Grenzen, die wir nicht überschreiten wollen".

Eine verläuft offenbar genau dort, wo die Bundeswehr als "Angriffsarmee" bezeichnet wird: In diesen Tagen nämlich veranstalten die Bremer Antikapitalistische Linke (BAL) und die Rechtshilfeorganisation Rote Hilfe zwei Podiumsdiskussionen zu Totalverweigerung. Dazu haben Sie unter anderem den Totalverweigerer Ringo Ehlert eingeladen. Der will laut Ankündigungstext "nicht in einer Bundeswehr dienen, die mehr und mehr zu einer Angriffsarmee ausgebaut wird und im Rahmen neokolonialer Weltordnungsstrategien Deutschland auch am Hindukusch verteidigt".

Rote Hilfe und BAL wollten den Termin im Begleitprogramm der Ausstellung "Was damals Recht war…" unterbringen. Die Schau in der Unteren Rathaushalle wird von der Landeszentrale verantwortet und handelt von den rund 30.000 Deserteuren und "Wehrkraftzersetzern", die von Gerichten der Wehrmacht zum Tode verurteilt wurden. Das von fast 30 Organisationen bestrittene Begleitprogramm läuft bis Ende Juni. Neben militärkritischen Referenten sprechen auch Bundeswehroffiziere.

Die Veranstaltungen von Roter Hilfe und BAL wurden jedoch abgelehnt. "Wenn Sie die Bundeswehr als ,Angriffsarmee eines kapitalistischen und imperialistischen Landes' definieren, können Sie nicht Partner der staatlichen politischen Bildung sein", beschied ihnen Landeszentralen-Leiter Wulfekuhl. Es gebe "keine Angriffsarmee" und Deutschland sei "kein imperialistischer Staat". "Die Verbreitung einer These, die aus Absurdistan stammt, ist nicht Aufgabe der staatlichen politischen Bildung. Ich wäre ja verrückt, wenn ich sowas vertreten würde," so Wulfekuhl.

Dass die Bundeswehr sich im Kosovokrieg am Angriff auf Serbien beteiligt habe, sei "zwar richtig", dem habe aber ein Beschluss des Bundestages zu Grunde gelegen. Den Vorwurf politischer Einseitigkeit weist Wulfekuhl zurück: "Wenn das Begleitprogramm nicht pluralistisch ist, dann weiß ich nicht, was das sonst sein soll." Auch die Aufnahme der Veranstaltung mit dem Berliner Sozialwissenschaftler Andrej Holm, der zu Unrecht des Terrorismus verdächtigt wurde und heute Abend im Konsul-Hackfeld-Haus spricht, lehnte Wulfekuhl ab. Rote Hilfe und BAL hätten die Veranstaltung damit begründet, "dass die Paragrafen 129a und b der Kriminalisierung von linker Opposition" und der "Durchsetzung herrschender Interessen" dienen. "Das ist einfach nicht kompatibel mit der Realität wie wir sie sehen", sagt Wulfekuhl.

"Wir werden nicht hinnehmen, dass die Landeszentrale die Deutungshoheit über Demokratie beansprucht", schreiben BAL und Rote Hilfe in einem nun in der Stadt verteilten, langen Flugblatt. Sie werfen Wulfekuhl "Bevormundung, Zensur und politische Einflussnahme" vor.

"Dazu sagen wir heute nichts", heißt es hingegen bei der Georg-Elser-Initiative (GEI), die die Deserteurs-Ausstellung mit der LZPB veranstaltet. "Wir haben das bisher nicht ausdiskutiert, weil wir auf keinen Fall das Gesamtprogramm gefährden wollten", so der stellvertretende GEI-Vositzende Eike Hemmer.

BAL und Rote Hilfe haben sich jedenfalls auch in der linken Szene Kritik eingehandelt. Unmut erregt, dass in zwei Wochen der FDJ-ler und Totalverweigerer Ringo Ehlert über Antimilitarismus sprechen wird. Ehlert nämlich hatte seine Verweigerung unter anderem damit begründet, dass es sich bei der Bundeswehr um eine "Besatzungsarmee" auf dem Gebiet "der annektierten DDR, als deren Bürger ich mich nach wie vor fühle", handele. Sehr wohl habe er sich aber vorstellen können, für die Nationale Volksarmee der DDR zu kämpfen. Diese hätte für "für Frieden und Völkerfreundschaft" eingestanden.

"Antimilitarismus verboten?", heute 19 Uhr, Hackfeld Haus. Programm der Ausstellung: www.geibev.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!