■ Vorschlag: Politisch ist, wenn's weh tut: "AlienNation"-Filme im Arsenal
Aus „Mariage Blanc“ Foto: Arsenal
Mit dem überaus bekennerischen Titel „Filmart takes Position“ tritt die neueste Filmrolle der Sixpack-Truppe aus Wien an. Unter der Dialektik Alien/Nation firmierend, soll es um „Entsolidarisierung“ gehen, zu deren ersten Opfern „die Fremden“ gehörten. Vom „globalen Gefühl der Bedrohung und Entfremdung“ orakelt vorsichtshalber schon der Begleittext. Fünfzehn Fünfminüter, eher im Patchworkverfahren aneinandergeheftet als sinnig kompiliert, allzuoft nach dem Motto „Politisch ist dann, wenn man es echt merkt“. So hoppeln lauter drollige, den Trickfilmniederungen entsprungene dunkle Figürchen in abnehmender Zahl durchs Bild und bekommen – ätsch! – kein Asyl.
Dagegen liefert der aus Honkong stammende Sikay Tang („Ph/r/ases“) einen auch ohne die Filmrolle sehenswerten Kurzfilm. Mit fiktivem Sprachunterricht sind dokumentarische Aufnahmen von asiatischen Immigranten in den USA unterlegt. Bei alltäglichen Verrichtungen, Marktjobs oder Kurierfahrten, laufen Allerweltsweisheiten durchs Bild: no home, no happiness.
Welchen Sinn macht das wettbewerbsartig aufgezogene Wiener Projekt letztlich, wenn die interessantesten Einsendungen der Found-footage-Rubrik entstammen: Der Bogart-Antipode Victor Lazlo, einst Antiheld in „Casablanca“, beim Tête-à-tête mit Ingrid in Tim Sharps „Dar-el-Beida“. Als Schußwechsel (peng!) wurde Szene für Szene über Kreuz montiert. Im Hintergrund rumort es über Pässe, und angetan nimmt man zur Kenntnis: Hier spielt sich doch tatsächlich Weltgeschiche im Spielfilm ab.
Aus der Abteilung „animierte Standbilder“ schließlich „Snapshots“ von Kurt Kren, einem ziemlichen Alien in dieser Reihe. Vor einem Freilichtdenkmal fluktuieren Touristenscharen, was genauso dem Prinzip der Endlosschleife entspringt wie das wenig originelle Schlußlicht der Rolle, „Die letzten Bilder der Nacht“ von Paul Divijak. Windstöße zauseln den österreichischen Nationaladler auf rotweißem Untergrund bis zur Unkenntlichkeit. Zurück bleibt der Eindruck von Ratlosigkeit, wie ihn Holger Maders Echo- Studie „Ich suche nichts, ich bin hier“ bestens formuliert. Gudrun Holz
„AlienNation“: Heute abend mit Diskussion im Arsenal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen